Kriminelle Kriminalbeamte:Der Prager Monsterprozess

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Ein Jahr lang Verhandlungen, 36 Angeklagte, hohe Freiheitsstrafen - in Tschechien sind kriminelle Polizisten verurteilt worden.

Klaus Brill

Für die Prager Presse war es ein "Monsterprozess", denn er sprengte alle herkömmlichen Dimensionen. In dem vor einem Jahr eröffneten Verfahren wurden 36 Angeklagte mit Handschellen in den größten Gerichtssaal des Landes geführt, allesamt mutmaßliche Mitglieder der so genannten Berdych-Bande.

Der Mond geht auf über der Prager Burg (Foto: Foto: AFP)

Es erregte auch großes Aufsehen, dass unter den Verdächtigen mehrere Elite-Polizisten waren, die mit den Gangstern gemeinsame Sache machten und ihnen Uniformen, Polizeiausweise und Waffen besorgten, anstatt sie zu bekämpfen.

Im bisher größten Strafverfahren der tschechischen Kriminalgeschichte wurden sie jetzt zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Für jeweils 14 Jahre sollen der frühere Kriminalbeamte Josef Opava und der Geschäftsmann Ludek Zalud Sr., genannt "der Minister", in ein Hochsicherheitsgefängnis einrücken, zwölf Jahre Freiheitsstrafe erhielt der frühere Polizist Petr Konarik.

Die beiden Ex-Beamten gehörten der tschechischen Spezialeinheit zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens (UOOZ) an und waren nach dem Befund der Richter in großem Stil an der Planung von Verbrechen beteiligt. Dabei waren Josef Opava und der Geschäftsmann Zalud die Cheforganisatoren, die Ausführung besorgte der heute 37-jährige Gangsterboss David Berdych mit seinen Spießgesellen.

Überfälle, Entführung, Erpressung

So beging die Bande seit 1996 zahlreiche Raubüberfälle, von deren Beute im Wert von vielen Millionen Kronen sie etwa 30 Prozent an die drei Chefs abgab. Im Gegenzug erhielt sie Informationen aus Polizeiquellen über potentielle Opfer und wurde vor Strafverfolgern gewarnt. Bei etlichen Überfällen sowie der Entführung und Erpressung wohlhabender Geschäftsleute benutzten die Gangster sogar Polizeiuniformen, gefälschte Ausweise und Polizeimarken, so dass sie ihren Opfern eine reguläre Verhaftung vorspielen konnten.

Allerdings war im Jahr 2000 ein Ban-denmitglied festgenommen worden, als es eine hohe Geldsumme vom Konto eines entführten Geschäftsmannes abhob, der Festgenommene packte aus. Auch andere machten belastende Aussagen, sodass jetzt insgesamt 19 Bandenmitglieder zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt werden konnten.

Die meisten von ihnen erklärten sich nach Medienberichten für unschuldig und warfen dem Bandenchef David Berdych vor, er habe einen Handel mit der Polizei gemacht und Unschuldige angeschwärzt. Berdych, der schon in anderen Verfahren verurteilt wurde, erhält seine Strafe in dieser Sache zu einem späteren Zeitpunkt.

Auch ein Elitepolizist aus der Slowakei in Haft

13 weitere Bandenmitglieder waren bereits im Oktober ebenfalls zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt worden, für die restlichen ist das laufende Verfahren noch nicht abgeschlossen. Zwei weitere Verdächtige, unter ihnen ein ehemaliger Elitepolizist aus der Slowakei, befinden sich in Irland in Haft.

Seit langem schon finden derartige Vorgänge in Tschechien starke Beachtung, ebenso wie die Aktivitäten mehrerer mutmaßlicher Wirtschaftsverbrecher, die sich auf die Seychellen und die Bahamas geflüchtet haben. Aus Sicht vieler Bürger gehören diese Vorkommnisse zu den vielen Enttäuschungen, die mit der Einführung der Marktwirtschaft und der Demokratie verbunden waren.

Die Geheimdienstbehörde BIS hatte unlängst erklärt, in Tschechien greife das Organisierte Verbrechen immer stärker auf die Justiz, die Polizei und den Öffentlichen Dienst über, vor allem in der Provinz. Es würden auch Parlamentsabgeordnete unter Druck gesetzt, um die Gesetzgebung zu beeinflussen.

© SZ vom 17.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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