"Konrad Adenauer":Warten auf den Kammerjäger

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Lahmgelegt: Die Konrad Adenauer. (Foto: dpa)

Kabelfressende Nagetiere verhindern den Rückflug von Deutschlands Regierungsflieger von Indonesien nach Deutschland.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

War es eine Maus? Gar eine Ratte? Fest steht, dass sich die Crew des deutschen Regierungsflugzeugs Konrad Adenauer am Samstagmorgen, als sie die Maschine auf einer Nachbarinsel von Bali zum Rückflug nach Deutschland vorbereiten wollte, einem durch die Gänge flitzenden Nagetier gegenüber sah. Das Tier verschwand in der Verkleidung und ward nicht mehr gesehen. Dafür fand die Crew weitere Nagetierspuren und angeknabberte Kabel. Nun steht die Konrad Adenauer nicht fliegbar auf einer Insel im Indischen Ozean. Finanzminister Olaf Scholz und Delegation mussten umdisponieren.

Man hatte ja schon im Vorfeld ein ungutes Gefühl gehabt bei der Reise nach Bali. Ausgerechnet auf der beliebten Ferieninsel sollte der sozialdemokratische Bundesfinanzminister mit Kollegen auf einer internationalen Tagung über schwere Wirtschaftskrisen, Schuldenstände und Handelskriege beratschlagen. Und dann gab es noch diese unterschwellige Gefahr eines Erdbebens. Oder eines Tsunamis. Um sicherzugehen, hatten die indonesischen Gastgeber extra darum gebeten, die Konrad Adenauer besser nicht erst auf Bali zu parken, sondern auf eine Nachbarinsel auszuweichen, die als weniger erdbebengefährdet gilt. Und dann kam das Nagetier dazwischen.

Während die letzten Mitglieder der Delegation am Montag zurückerwartet werden, muss die Konrad Adenauer nun auf den Kammerjäger warten. Denn nur der kann Eindringlinge unschädlich machen. Dazu wird das Flugzeug versiegelt, also hermetisch abgeschlossen. Dann wird Gas in den Innenraum geleitet; später wieder gelüftet, Kabel neu verlegt, alles getestet. Und noch mal getestet. Frühestens in einigen Wochen, so hieß es an diesem Sonntag, darf die Konrad Adenauer wieder heim. Wobei man sie angesichts der bevorstehenden innenpolitischen Umbruchswochen in Berlin wohl nicht sehr so vermissen wird. Kaum ein Regierungsmitglied wird sich längere Zeit außer Landes bewegen wollen. Es ist übrigens völlig offen, ob die Maus eine indonesische war oder schon von Berlin aus mitgeflogen ist. Gesichert dagegen ist die Erkenntnis, dass sie über die Radaufhängung eingedrungen sein muss. Und klar: In den sozialen Medien witzelte man natürlich, dass die strenge deutsche Migrationspolitik Passagieren ohne Papieren die Einreise nicht erlaube. So ein Spaß.

Was aber zu Verstimmungen führte, ist, dass Scholz, der gerne den Anwalt für Gerechtigkeit gibt, am Samstag ohne ein weiteres Wort entschwand, samt seiner Staatssekretäre und des obersten Stabes. Zurückgelassen wurde die rangniedrigste Mitarbeiterin, die es schließlich schaffte, Rückflüge für versprengte Delegationsmitglieder und Journalisten zu organisieren. Dass es auch anders geht, hatte Angela Merkel vor acht Jahren gezeigt, als ein Regierungsflugzeug wegen eines Vulkanausbruchs liegen blieb. Sie verzichtete auf einen Hubschrauber und blieb bei der Gruppe. "Wir bleiben zusammen, keiner wird zurückgelassen", sagte sie.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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