Komplimente:Es säftelt

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Der US-Präsident Donald Trump hat die Figur von Brigitte Macron bei seinem Paris-Besuch gelobt. Die Welt schreit: Sexismus! Darf ein Mann einer Frau denn jetzt nicht mal mehr Komplimente machen?

Von Jakob Biazza

Vielleicht doch geschwind noch die Gegenposition eingenommen: Es gibt ja ein paar Fragen, die sich stellen lassen, nachdem Donald Trump die Figur von Brigitte Macron gelobt hat. Öffentlich und vor laufenden Kameras. Größere Teile der Welt werfen ihm dafür Sexismus vor. Schon wieder. Die Fragen dürften in etwa so gehen: Darf ein Mann einer Frau denn jetzt nicht mal mehr Komplimente machen? Oder: Darf ein Mann denn am Ende gar nicht mehr bemerken, dass eine Frau toll aussieht? Wahrscheinlich auch: Muss man das, was Trump gesagt hat, "You know, you're in such good shape", nun mit "Wissen Sie, Sie sind gut in Form" übersetzen, oder gibt es eine Lesart, die im Subtext weniger säftelnd ist? Fragen also, an deren Ende die eine große steht - schon wieder: War das sexistisch?

Ein Glück also, dass es eine Frage gibt, die viele der anderen sehr überflüssig macht. Sie ergibt sich quasi automatisch, wenn man die Perspektive wechselt, und sie lautet: "Was hätte man selbst wohl gesagt?" Oder, eine Stufe drüber: "Was bleibt in Erinnerung?" In einem sehr konkreten Sinne: Menschen treffen aufeinander, verbringen gemeinsame Zeit, essen, trinken, reden, lachen, ärgern sich. Was bleibt da hängen?

Im vorliegenden Fall hatten die beiden Paare immerhin gerade den Invalidendom besichtigt. Klassizistischer Barockbau, Übergang vom 17. ins 18. Jahrhundert. Das böte doch Stoff: Napoleons Mausoleum, eine recht beeindruckende Kuppel, Deckenmalereien, fette Engel.

Was für Donald Trump von so einer Begegnung bleibt, was er zu sagen hat: Urteile über das Aussehen der Frau. Auch und vor allem an ihren Mann gerichtet: "Sie ist in toller körperlicher Verfassung." Preispferde werden so gelobt. Rassehunde auch und vielleicht noch Tour-de-France-Fahrer, die sich gerade einen Berg hochgeschunden haben. Ehefrauen eher nicht mehr. Dem Ideal nach.

In der Realität besuchen zwei Paare immer noch ein 300 Jahre altes Gebäude. Und es folgt: die absolute Reduktion auf Äußerlichkeiten. Und im Nachfassen männliches Besitzdenken. Dass all das vermutlich tatsächlich als Kompliment gemeint war, zeigt nur, wie sehr es für eine viel größere Geisteshaltung steht. Und damit bleibt der Welt von alldem, leider, nur derselbe alte Sexismus. Ohne Frage. Schon wieder.

© SZ vom 15.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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