Kommentar:Im Zoo der Klone

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Es ist so weit: Forscher in Südkorea haben zweifelsfrei Menschen geklont. Zwar ging es bei den Experimenten nicht um "Baby-Klone", sondern um die Gewinnung von Stammzellen - doch auch dieses "therapeutische Klonen" wirft höchst schwierige ethische Fragen auf.

Von Christina Berndt

"Mit Freude gebe ich die Geburt des ersten Klon-Babys bekannt." Bei obskuren Ankündigungen wie dieser, die Brigitte Boisselier von der wirren Sekte der Raelianer Weihnachten 2002 machte, hört man schon kaum noch hin.

Übertragung der Körperzelle von einer Frau in eine entkernte Eizelle derselben Spenderin. (Foto: Foto: dpa)

Zu oft haben auch Reproduktionsmediziner wie der Italiener Antinori oder der US-Grieche Zavos vor den Fernsehkameras verkündet, es sei gelungen: Ein menschliches Klon-Baby wüchse schon im Bauch seiner glücklichen Mütter heran. Doch beweisen ließen sich die Verheißungen der Reproduktions-Gurus ebenso wenig wie die von Labors, die behaupteten, die ersten Klone im Reagenzglas gezüchtet zu haben.

Nun aber ist es tatsächlich so weit. Zum ersten Mal haben Forscher in Südkorea zweifelsfrei Menschen geklont. Die dreißig Embryonen, die sie im Reagenzglas hergestellt hatten, haben sie zwar schon nach wenigen Tagen wieder getötet; und sie hatten auch gar nicht die Absicht, sie in den Leib einer Frau einzupflanzen, damit ein Klon-Baby heranwächst. Aber sie haben den ersten Beleg dafür geliefert, dass eben dies eines Tages möglich sein wird.

Auch wenn er es selbst anders sieht: Der Mensch unterscheidet sich biologisch nicht besonders von anderen Säugetieren. Warum also sollte beim Menschen nicht funktionieren, was mit dem Schaf Dolly möglich war?

Längst lebt ein regelrechter Klon-Zoo auf dieser Erde, Mäuse, Kühe, Kaninchen, Katzen und Pferde, die nur ein Elternteil haben, den Vater oder die Mutter, und eine genetische Kopie dieses einen Tieres sind.

Missratene Kopien des Originals

Den meisten Menschen bereitet diese Vorstellung Erschrecken oder wenigstens tiefes Unbehagen, und nicht ohne Grund. Die meisten Klonwesen sind noch im Mutterleib verendet, viele andere kamen fehlgebildet auf die Welt. Sie sind missratene, zum Leid verdammte Kopien des Originals.

Im Großen und Ganzen ist sich die internationale Gemeinschaft daher einig, dass sich eine Übertragung der Tier-Experimente auf Menschen verbietet. Trotzdem handelt sie nicht. Die Vereinten Nationen haben ihre Entscheidung über eine Resolution zum Menschenkopieren, die schon Ende 2003 verabschiedet werden sollte, auf Herbst 2004 verschoben.

Dabei wollten ausnahmslos alle Mitglieder das Klonen von Babys ("reproduktives Klonen") ächten. Nur in der zweiten, nicht minder wichtigen Frage, ob man Menschen - wie jetzt in Südkorea geschehen - zu winzigen Embryos klonen und dann für medizinische Zwecke ausschlachten darf, gab es keine Einigkeit.

Weil man zu diesem "therapeutischen Klonen" keinen Konsens fand, schob man lieber die ganze Resolution auf. Es war falsch und kurzsichtig, beide Entscheidungen miteinander zu verknüpfen.

Über das therapeutische Klonen wird man sich nämlich nur sehr schwer und vielleicht gar nicht einigen können. In Deutschland verbietet das Embryonenschutzgesetz jegliches Klonen. Doch schon in den USA ist trotz der in Bio-Fragen restriktiven Bush-Regierung bisher kein Verbot zu Stande gekommen. Großbritannien dagegen untersagt das Klonen von Babys, erlaubt aber ausdrücklich jenes zu medizinischen Zwecken.

Das Weiterforschen lohnt sich

Dasselbe gilt in zahlreichen asiatischen Ländern. Sie trennen moralisch also zwischen dem - als verwerflich betrachteten - reproduktiven Klonen und dem therapeutischen, das die Hoffnung auf medizinischen Fortschritt weckt.

Die Experimente aus Südkorea zeigen jetzt: Sie handeln richtig. Zwar weiß noch niemand, ob man mit embryonalen Stammzellen wirklich eines Tages schwere Krankheiten wie Herzleiden, Diabetes oder Parkinson heilen kann. Aber unmöglich erscheint das längst nicht mehr.

Die Fortschritte, welche die Forschung in der jüngeren Zeit erzielt hat, belegen, dass das Weiterforschen lohnt. So zeigten New Yorker Wissenschaftler in einem Versuch mit Mäusen, dass sich eine Parkinson-ähnliche Krankheit mit geklonten Embryozellen besser lindern lässt als mit Stammzellen aus befruchteten Embryonen.

Es zeugt von wenig Forschergeist, solche möglichen Lösungen einfach vom Tisch zu wischen, wie dies der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft in einer ersten Erklärung zu den Nachrichten aus Korea getan hat. Zweifellos aber wirft auch das therapeutische Klonen höchst schwierige ethische Fragen auf.

So werden Frauen als Eizellspenderinnen benötigt und müssen sich dazu einer Hormonbehandlung aussetzen. Zudem müssen die aus den Eizellen entstehenden Embryos zur Gewinnung von Stammzellen getötet werden. Die winzigen Zell-Ansammlungen sind - wie die in Südkorea verwendeten Embryos - allerdings nicht wirklich das, was man einen Menschen nennen könnte, auch wenn diese Frage noch lange umstritten bleiben wird.

In vielen Ländern befürwortet die Bevölkerung das therapeutische Klonen mit gutem Gewissen. Deshalb ist der Versuch, die Technik weltweit zu verbieten, nicht nur zum Scheitern verurteilt, sondern auch noch falsch. Die Ächtung des Baby-Klonens aber ist längst überfällig. Allenfalls nationale Alleingänge werden möglich sein, die - wie im Falle von Deutschland - der Forschung und womöglich auch den Patienten schlecht bekommen werden.

© SZ vom 13.2.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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