Katastrophe in Kattowitz:Notausgänge waren versperrt

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Die Notausgänge der eingestürzten Messehalle im polnischen Kattowitz sind zum Teil offenbar versperrt gewesen. Das berichtete ein deutscher Überlebender der Katastrophe.

"Die Tür war nicht zu öffnen, so dass wir die Glasscheiben eintreten mussten", sagte Theodor Backs, Geschäftsführer des gleichnamigen Taubenfutter-Produzenten aus Rehburg-Loccum in Niedersachsen, am Montag.

Anwohner zünden vor dem Tor der eingestürzten Halle Kerzen für die Opfer der Katastrophe an. (Foto: Foto: dpa)

Backs, der gemeinsam mit seinem Sohn und vier Mitarbeitern zu der internationalen Taubenausstellung nach Kattowitz gereist war, konnte sich aus der eingestürzten Halle unversehrt retten.

Beim Einsturz des Hallendaches waren am Samstagabend mehr als sechzig Menschen getötet worden, darunter zwei Deutsche. Die polnische Regierung korrigierte die Zahl der Todesopfer am Montag allerdings leicht nach unten. Neuesten Erkenntnissen zufolge seien bei der Katastrophe 62 Menschen ums Leben gekommen, sagte der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro am Montag. Zuvor waren die Behörden von 67 Toten ausgegangen.

Verwirrung wegen verschiedener Leichenhallen

Polizeisprecher Andrzej Gaska sagte, die sterblichen Überreste der Opfer seien zunächst in verschiedene Leichenhallen gebracht worden. Dies habe Verwirrung über die Zahl der Toten ausgelöst.

Auf der Messe "Taube 2006", die bis Sonntag dauern sollte, stellten auch Unternehmen aus Deutschland aus.

Die Theodor Backs GmbH, die mit 30 Angestellten Futter- und Nahrungsergänzungsmittel für Tauben produziert, ist nach Angaben des Geschäftsführers seit Jahren in Polen zu Gast.

Riesiger Krach

"Auf einmal war da ein riesiger Krach. Ich dachte, ein Stand wäre umgekippt", schilderte Backs die Geschehnisse. "Dann gab es kurz eine Pause, bevor es zu Rauschen anfing und plötzlich windig wurde."

Backs und seine Mitarbeiter, unter ihnen auch fünf polnische Übersetzer, konnten sich unter einen Tresen ducken, ehe das Dach fast vollständig einbrach. "Nur der Teil, der über uns war, blieb stehen." Keiner seiner Mitarbeiter sei verletzt worden. "Rein körperlich geht es mir gut. Aber innerlich ist mir immer noch mulmig", sagte Backs. "Ich bedaure die Familien der Toten."

Mittags noch brechend voll

Es sei großes Glück gewesen, dass das Dach kurz vor Feierabend und nicht schon mittags einbrach: "Da war es noch brechend voll." Wie es zu dem Unglück kommen konnte, kann auch der Unternehmer nur vermuten.

Nach Beobachtung von Backs lag auf dem Hallendach nur wenig Schnee. "Die Halle liegt etwas tiefer, so dass man auf dem Weg zu ihr auf das Dach schauen kann. Dass dort 50 Zentimeter Schnee gelegen haben sollen, kann ich mir nicht vorstellen."

Ferner wies Backs Kritik an den Rettungskräften zurück. "Die waren in geballter Menge vor Ort und haben sofort geholfen."

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