Karolina-Prozess:"Du ein Sadist und Kindermörder!"

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Die Mutter der dreijährigen Karolina hat zugegeben, an den Misshandlungen ihrer Tochter beteiligt gewesen zu sein - weil ihr Freund sie dazu gezwungen hätte.

Beide Angeklagten wiesen sich am ersten Prozesstag gegenseitig Schuld zu. Die 26-jährige Zaneta C. und ihr 31-jähriger Exfreund Mehmet A. müssen sich wegen Mordes vor dem Landgericht Memmingen verantworten.

Mehmet A. und Zaneta C. quälten Karolina zu Tode. (Foto: Foto: AP)

Laut Anklage misshandelte A. Karolina absichtlich so lange, bis sie starb. Zaneta C. wird Mord durch Unterlassen vorgeworfen, weil sie weder eingriff noch für Hilfe sorgte. Den beiden droht lebenslange Haft.

A. gilt wegen seiner früheren Drogensucht als vermindert schuldfähig. Karolina war am 5. Januar kahl geschoren und von blauen Flecken und Schwellungen bis zur Unkenntlichkeit entstellt in einer Kliniktoilette in Weißenhorn bei Neu-Ulm entdeckt worden. Trotz ärztlicher Versorgung starb sie zwei Tage später, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben.

"Du bist eine Teufelin"

Als Zaneta C. das tagelange Martyrium vor Gericht schilderte, wurde sie immer wieder von Weinkrämpfen geschüttelt. Sie schrie Mehmet A. an: "Du hast sie umgebracht! Du bist ein Sadist und Kindermörder!" Der 31-Jährige zischte zurück: "Du bist eine Teufelin."

Zaneta C. sagte, ihr Freund habe das Kleinkind mit der Hand oder mit einem Gürtel grün und blau geprügelt und es mit dem Kopf gegen Wand und Möbel geschlagen. Außerdem habe er Karolina in eiskalte Räume gesperrt, berichtete die Polin teils in gebrochenem Deutsch, teils auf Polnisch. "Tag und Nacht hat er sie geschlagen."

Mehmet A. sei eifersüchtig auf ihre Tochter gewesen, die aus einer früheren Beziehung stammte. Er habe mehrere Male gedroht, den "Bastard" umzubringen. "Sie muss weg, sonst passiert eine Katastrophe", habe er gesagt.

"Ich hatte keine Chance"

Der Drogensüchtige habe Karolina unter anderem mit glühenden Verschlüssen von Methadon-Flaschen versengt. Er habe verrückt gewirkt. "Er hat richtig Schaum vor dem Mund gehabt." Zaneta C. selbst will sich geweigert haben, die Tochter zu misshandeln. Ihr Partner habe gedroht, auch sie umzubringen, und ihr ein Schwert an die Kehle gedrückt. "Ich hatte keine Chance."

Deshalb habe sie ihre brüllende Tochter festgehalten und ihr den Mund zugehalten. Zu ihrem Mitangeklagten sagte sie: "Ich bete dafür, dass du eine Strafe Gottes kriegst." Laut Anklage rastete Mehmet A. am 2. Januar 2004 aus, weil die Dreijährige in die Hose gemacht hatte. Er habe sie mit fast 60 Grad heißem Wasser abgeduscht, ihr viele Haare ausgerissen und sie schwer verprügelt. Beide Angeklagten sollen dem Kind den Kopf rasiert haben.

Anschließend fuhren sie die sterbende Karolina in die Weißenhorner Klinik und setzten sich nach Italien ab, wo sie vier Tage später geschnappt wurden. Der Angeklagte gab nach und nach zu, Karolina mit der Hand, einem Stock und Gürteln geschlagen zu haben, und erklärte schließlich, er habe "etwas gemacht, was ich mir nie verzeihen werde. Ich habe ihr mit einer Methadonflasche die Finger verbrannt".

"Für Sie geht es um was"

Seine Freundin habe aber ebenfalls die Flasche auf Karolinas Körper gedrückt. "Sie hat auch Gewalt angewendet." Mehmet A. Beschuldigte seine Exfreundin, "das Kind", wie er Karolina nannte, immerzu geschlagen zu haben, weil die Dreijährige nicht gehorcht habe.

"Das Kind hat mir Leid getan." Er habe die Kleine mit Schlägen erziehen wollen. Er stritt aber ab, das Kind gegen die Wand geschlagen zu haben. Der Angeklagte behauptete, er habe schließlich darauf gedrungen, das schwer verletzte Kind ins Krankenhaus zu fahren: "In erster Linie war für mich nur wichtig, dass das Kind gerettet wird."

Oberstaatsanwalt Johann Kreuzpointner wertete A.s Aussagen als wenig glaubwürdig. "Das ist eine blöde Geschichte: Sie schlagen das Kind, damit die Mutter ihm nichts tut." Der Angeklagte müsse alles auf den Tisch legen. "Für Sie geht es um was."

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