Karneval:Prinzen dringend gesucht

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Die rheinischen Karnevalsvereine tun sich immer schwerer, ihre Throne zu besetzen - das Amt ist ein zu teurer Spaß geworden: 100.000 Euro kostet es, wenn ein Prinz beim Kölner Rosenmontagszug mitfahren will.

Von Hans-Jörg Heims

Düsseldorf - Eigentlich sollen Karnevalspräsidenten als Lobbyisten der guten Laune wirken. Doch dem Neusser Chefkarnevalisten Alfons Buschhüter war gar nicht zum Lachen zumute, als er vor einigen Tagen an die Karnevalsgesellschaften der rheinischen Stadt einen Brandbrief schrieb.

Besorgt mahnte Buschhüter darin, die Suche nach einem Prinzenpaar zu forcieren. Doch ungeachtet der präsidialen Aufforderung taten sich die Vereine schwer, geeignete Kandidaten für den aufreibenden Job zu finden.

Und so ist ungewiss, ob an diesem Donnerstag, wenn um 11.11 Uhr die so genannte fünfte Jahreszeit beginnt, dem Erwachen des Hoppeditz in Neuss ein Prinzenpaar beiwohnen wird.

Neuss ist beileibe kein Einzelfall. Auch in anderen Karnevals-Hochburgen gestaltete sich die Besetzung der närrischen Throne schwierig. "Die wirtschaftliche Situation lässt manchen Prinzenanwärter zögern", hat der Präsident des Bundes Deutscher Karneval, Franz Wolf, festgestellt. Zwar hofft er, dass sich in letzter Minute noch überall jemand findet, doch gänzlich ausschließen wollte Wolf nicht, dass die eine oder andere Stadt in diesem Jahr ohne Fastnachtsmonarch auskommen muss.

Einmal Prinz zu sein, wie es in einem Kölner Karnevalslied heißt, davon träumen zwar immer noch viele seit dem Kindesalter. Doch für die meisten bleibt dieser Traum unerfüllt. Denn Spaß am Schunkeln allein reicht nicht aus, um Prinz zu werden. Man muss vor allem über ausreichende finanzielle Mittel verfügen. 100.000 Euro, schätzt Verbandspräsident Wolf, koste es etwa, um einmal als Prinz am Rosenmontagszug in Köln teilnehmen zu können.

In kleineren Kommunen belaufen sich die Kosten für Kostüme, Süßigkeiten und andere Dinge immerhin auch noch auf 10.000 Euro.

"Bei solchen Summen überlegt jemand, der gerne Prinz werden möchte, derzeit genau, ob er so viel Geld ausgeben soll", nennt Wolf als Hauptgrund für die derzeitige Zurückhaltung unter potenziellen Prinzenkandidaten.

Schon seit einigen Jahren klagen viele Karnevalsgesellschaften über zunehmende finanzielle Belastungen. Die Einnahmen gehen zurück, obwohl die Zahl der organisierten Narren angestiegen ist. "Aber die Leute halten ihr Portemonnaie auch hier zu", sagt Wolf.

Sponsoren, bei denen es sich meistens um Unternehmen aus der Region handelt, haben ihr Engagement häufig reduziert, weil sie selbst mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Auch die Kommunen, die den Karnevalsgesellschaften früher Zuschüsse gewährten, müssen angesichts leerer Kassen sparen und haben daher die Ausgaben für die Fröhlichkeit teilweise drastisch gekürzt.

Mit der an diesem Donnerstag beginnenden Session könnte sich für einige Karnevalsgesellschaften die Not sogar noch vergrößern. Denn bereits am 9.Februar ist Aschermittwoch. Das hat zur Folge, dass im Januar auf dem Höhepunkt des Sitzungskarnevals sich viele Termine überlagern.

Allein in Köln finden 510 Karnevalsveranstaltungen statt, in Aachen sind es 150. In manchem Saal könnte daher Tristesse statt guter Laune herrschen. Bereits jetzt klagen einige Karnevalspräsidenten über ein geringes Interesse an den Veranstaltungen. Die Auftaktsitzung des Ausschusses Aachener Karneval (AAK), dem Dachverband von mehr als 50 Aachener Karnevalsgesellschaften, am 20. November wurde bereits abgesagt.

"Ich kann keinem Büttenredner oder Sänger zumuten, vor leerem Haus aufzutreten", begründete Präsident Wilm Lürken die Entscheidung. Spaß am Feiern hätten die Leute zwar noch, "aber die Narren können ihr Geld nur einmal ausgeben". Einige Gesellschaften planen daher, gemeinsame Sitzungen zu veranstalten, auch wenn das den auf Tradition bedachten Honoratioren schwer fällt.

Die Befürchtung, dass der Karneval "kaputt geht", hegt Oberkarnevalist Wolf allerdings nicht. "Der hat auch in viel schlechteren Zeiten noch stattgefunden". Und so werden sich zum Karnevalsauftakt wieder Zehntausende Narren und Jecken weder von Krisengerede noch schlechten Wetterprognosen aufhalten lassen und pünktlich um 11.11 Uhr die Rathäuser stürmen.

Nicht nur in den Hochburgen Köln, Düsseldorf oder Mainz wolllen sich die Oberbürgermeister der Jeckenübermacht beugen. Auch Berlins Stadtoberhaupt Klaus Wowereit wird erstmals den Goldenen Schlüssel an das Prinzenpaar Manuela II. und Wolfgang III. übergeben.

© SZ vom 11.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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