Karlsruhe:Autobahnraser zu 18 Monaten Haft verurteilt

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Das Amtsgericht Karlsruhe hat den den 34 Jahre alten Testfahrer der fahrlässigen Tötung schuldig gesprochen. Er habe, so das Gericht, im Juli 2003 den Unfalltod einer 21-jährigen Mutter und ihrer zweijährigen Tochter verursacht.

Das Gericht verurteilte den Mann ebenfalls wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs. Mit dem verhängten Strafmaß blieb es knapp unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die gefordert hatte, den Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung sowie grob verkehrswidrigen Verhaltens zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis ohne Bewährung zu verurteilen.

An die Opfer des Autobahnrasers erinnern diese beiden Kreuze an der Autobahn A5. (Foto: Foto: dpa)

Außerdem muss der Mann vom Tag der Urteilsverkündung an für 18 Monate den Führerschein abgeben. Die Verteidigung hatte dagegen Freispruch verlangt und kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an.

Die monatelange Fahndung nach dem Raser hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Mit dem Strafmaß habe das Gericht "nicht das Volk oder die Presse befriedigen" wollen, betonte die vorsitzende Richterin Brigitte Hecking. Die Indizien hätten eindeutig gegen den Angeklagten gesprochen, der eine Verwicklung in den Unfall bestreitet.

Entscheidende Zeugenaussagen

Die vier Hauptzeugen hätten das tragische Unfallgeschehen übereinstimmend geschildert. Der dunkle Mercedes CL 600 Coupé mit seinen auffälligen Doppelscheinwerfern sei eindeutig identifiziert worden.

Demnach war der Mann am 14. Juli 2003 kurz vor 5.30 Uhr mit seinem Dienstwagen vom DaimlerChrysler-Werk Sindelfingen aufgebrochen, um zur Teststrecke nach Papenburg in Niedersachsen zu fahren. Kurz vor 6.00 Uhr überholte er auf der Autobahn A 5 bei Karlsruhe drei Wagen, in denen die vier nun entscheidenden Zeugen saßen.

Mit Tempo 220 bis 250 raste er nach den Aussagen bis auf wenige Meter an den Kleinwagen der 21-Jährigen heran. Vor Schreck riss die Frau ihr Lenkrad nach rechts herum. Ihr Auto kam ins Schleudern und prallte neben der Fahrbahn gegen zwei Bäume. Die Mutter und ihr zwei Jahre altes Mädchen waren sofort tot.

Richterin kritisiert Kollegen des Unfallverursachers

Der Fahrer des 476 PS starken Mercedes, der den Wagen der Frau halb auf dem linken Grünstreifen überholt hatte, war zum Zeitpunkt des Aufpralls bereits rund 150 Meter weitergefahren. Er habe den Unfall vermutlich gar nicht bemerkt, sagte die Richterin. Der ursprünglich ebenfalls erhobene Vorwurf der Unfallflucht war von der Staatsanwaltschaft im Laufe des Verfahrens fallen gelassen worden.

Der Mann habe sich nach dem Unfall verdächtig gemacht. Tagelang habe er sich immer wieder nach dem Stand der Ermittlungen erkundigt. Durch eine fingierte Weg-Zeit-Berechnung habe er versucht, den Eindruck zu erwecken, dass er erst zehn Minuten nach dem Unfall den Autobahnabschnitt passiert habe, sagte die Richterin.

Sie kritisierte Kollegen des DaimlerChrysler-Ingenieurs, die sich auf Erinnerungslücken berufen hatten. In keinem Verfahren habe sie jemals eine "derartige Widerwilligkeit" von Zeugen erlebt, auf Fragen zu antworten, sagte Hecking. Keiner habe als "Nestbeschmutzer" gelten wollen.

Genugtuung für die Angehörigen

Um so glaubwürdiger seien Aussagen der Kollegen gewesen, dass der Mann schon länger als rücksichtsloser Raser bekannt gewesen sei. Der tödliche Unfall sei Folge eines solchen "grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen Fahrstils".

Die Mutter der getöteten Frau sagte nach dem Urteilsspruch unter Tränen: "Das ist eine gewisse Genugtuung, auch wenn es nicht viel ist." Der Anwalt der Nebenklage, Paul Kleiser, der den Vater des getöteten Mädchens vertrat, sagte: "Spätestens nach den Zeugenaussagen und den Sachverständigen hätte der Angeklagte zugeben müssen, dass er es war. Dann hätte er wahrscheinlich auch eine Bewährungsstrafe erhalten."

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