Journalisten-Mord in Kalifornien:Baileys letzter Fall

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Der geständige Mörder eines couragierten Reporters wollte offenbar verhindern, dass seine Muslim-Bäckerei schlechte Schlagzeilen bekommt - nun kennt sie das ganze Land.

Oliver Das Gupta

Der Mörder hatte die Morgenstunden gewählt und ein Outfit wie in einem schlechten Film: Mit Skibrille über dem Gesicht und in Schwarz gekleidet lauerte er um 7.30 Uhr seinem Opfer zwischen einem Postamt und einem McDonalds-Lokal auf - und drückte ab.

Polizisten bei der Leiche von Chauncey Bailey (Foto: Foto: AP)

Viermal schoss er angeblich, zwei Kugeln trafen Chauncey Bailey in Kopf und Rücken. Zeugen sprachen von einer Hinrichtung. Der 57-Jährige war sofort tot. Sein letztes Thema, das er in die Zeitung bringen wollte, waren Machenschaften einer moslemischen Bäckerei. Musste der Chefredakteur der Oakland Post deshalb sterben?

Mit dem Verbrechen endete ein schillerndes Reporterleben. Bailey war in Oakland zur Welt gekommen, der kalifornischen Stadt, die seit jeher im Schatten San Franciscos steht, der Metropole auf der anderen Seite der Bay.

Bailey wuchs in einer schwarzen Großfamilie auf, erhielt anno 1968 ein Stipendium, studierte Journalistik. Seit 1970 arbeitete er für regionale Zeitungen in Kalifornien und Michigan sowie einen Fernsehsender, zwischenzeitlich auch für einen demokratischen Kongress-Abgeordneten.

Bailey galt schnell als ausgezeichneter Kenner der afroamerikanischen Gemeinschaft im Großraum San Francisco, über die er für die Oakland Tribune viele Jahre berichtete. Zuletzt war er Chefredakteur der Oakland Post.

Einst Vorzeigeprojekt, dann dubiose Muslim-Einrichtung

Bekannt war er auch als entschiedener Gegner jeder Art von Korruption. Bürgerrechtlerin Lynda Carson beschrieb ihn als einen "Fürsprecher der Armen-Ghettos und schwarzen Gemeinschaften". Eine Kollegin bezeichnete Bailey als aggressiven Reporter, dem es gleichgültig gewesen sei, wenn er andere verärgert habe.

Bailey bohrte immer nach und stellte die richtigen Fragen. Er hatte eine "Nase für Geschichten", attestierte ein Arbeitskollege. Und dieser Spürsinn wurde Bailey zum Verhängnis.

Zuletzt hatte er über eine Bäckerei in Oakland recherchiert, ein Geschäft, das nicht nur für seine Erzeugnisse bekannt ist.

Ein texanischer Kosmetiker, der zum Islam konvertiert war und sich Yusuf Bey nannte, hatte sie 1968 gegründet. "Your Black Muslim Bakery" wurde schnell zur Anlaufstation für Schwarze in Not. Neben Brot und Gebäck gab es dort auch die Schriften von Malcolm X, politische Vorträge wurden gehalten und religiöse Veranstaltungen. Bey predigte Disziplin und Selbstrespekt, den Islam - eine Perspektive für Junkies, Obdachlose und andere Habenichtse.

Der Täter wollte "guter Soldat" sein

Das Projekt hatte Erfolg, im Laufe der Jahre wurden weitere Filialen in der Region eröffnet. Mit den Jahren traten immer radikalere Züge des Chefs zutage. Mitarbeiter sollten den Namen Bey übernehmen, er forderte: Frauen in den Haushalt und Schwule aus den Schulen. Bey wurde vorgeworfen, Frauen sexuell belästigt zu haben.

Es ging bergab mit der Bäckerei. Bey starb 2003, danach wurden zwei seiner Nachfolger ermordet, ein weiterer Sohn kam bei einer Schießerei ums Leben. Im vergangenen Herbst musste Konkurs angemeldet werden, Betrügereien und Fälschungen sollen einhergegangen sein.

Bailey hatte zu der Causa recherchiert und mit örtlichen Geschäftsleuten und Insolvenzexperten gesprochen, unerschrocken wie immer - mit fatalem Ende.

Kurz vor seinem Tod 2003 hatte Bey in Dschihad-Diktion gefordert: "Ihr müsst in der Armee Gottes dienen. Ihr müsst Krieger sein, denn euer Feind kämpft, glaubt mir, gegen euch."

So sah sich auch Devaughdre Broussard, Mitarbeiter der Black Muslim Bakery. Der 19-Jährige hat inzwischen zugegeben, Bailey erschossen zu haben, als "guter Soldat".

Er sei darüber erzürnt gewesen, dass Bailey über die finanziellen Hintergründe von "Your Black Muslim Bakery" recherchiert habe, hieß es. Die schlechte Presse für seine Leute hat Broussard nicht verhindern können, im Gegenteil.

Inzwischen wurde bei einer Razzia ein Gewehr in der Bäckerei gefunden. Die Ermittler glauben, dass mit der Waffe Chauncey Bailey ermordet wurde.

Vermutlich werden die Ermittlungen das Ende der radikalen Bäcker-Gemeinschaft bedeuten - Baileys letzter Coup.

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