Japan:Ein Buch als Beleidigung

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Dass die japanische Kronprinzessin Masako zutiefst unglücklich über ihr isoliertes Leben am kaiserlichen Hof ist, ist seit langem ein offenes Geheimnis. Nun erregt eine kritisch geschriebene Biographie den Unmut von Hofamt und Außenministerium.

Christoph Neidhardt

Die "Beleidigung des japanischen Volkes und der kaiserlichen Familie" liegt seit drei Wochen in Tokios Buchhandlungen, in einigen jedenfalls: das Buch "Princess Masako - a Prisoner of the Chrysanthemum Throne", geschrieben vom australischen Journalisten Ben Hills. Lange schien es, die Biographie der brillanten Ex-Diplomatin, die mit ihrer Rolle als Kronprinzessin nicht zurechtkommt, würde in Japan überhaupt nicht publiziert.

Im goldenen Käfig: Masako und Kronprinz Naruhito mit ihrer Tochter Aiko (Foto: Foto: AFP)

Das japanische Außenministerium stufte das Buch als "Beleidigung" ein und schimpfte, es sei voller Fehler, respektlos geschrieben und folge einer verqueren Logik. Zusammen mit dem kaiserlichen Hofamt setzte das Außenministerium alle möglichen Hebel an, um eine Veröffentlichung zu verhindern.

Völlig isoliert von der realen Welt

Prinzessin Masako, die in Oxford und Harvard ausgebildete Karriere-Diplomatin, musste ihren Beruf und jegliche Freiheit aufgeben, als sie Japans Kronprinz Naruhito heiratete. Abgeschirmt durch das Hofamt, leben Japans Kaiserliche völlig isoliert von der realen Welt, gehegt und gehütet von ihren Kämmerlingen.

Sie haben keine Mobiltelefone und verfügen nicht einmal über eigenes Geld. Außerdem stand Masako jahrelang unter einem enormem Druck, der angeblich ältesten Monarchen-Dynastie der Welt einen Thronfolger zu gebären.

Hills nennt Masakos Situation eine "Gefangenschaft". Diese soll sie in eine tiefe Depression gestürzt haben, die unter anderem eine Gürtelrose nach sich zog. Seit mehreren Jahren meidet die Prinzessin öffentliche Auftritte, eigentlich ihre wichtigste Aufgabe.

Ein verhaltener Appell des Kronprinzen, man sollte seiner Gattin etwas mehr Spielraum gönnen, trug ihm eine Rüge seiner Mutter Michiko ein, der Kaiserin, ebenfalls eine Bürgerliche, die einst Ähnliches durchgemacht hat.

Das Buch hätte ursprünglich in der englischsprachigen Abteilung von Kodansha erscheinen sollen. Der renommierte Tokioter Verlag kappte die Spitzen des Textes, über 200 Stellen sollen verändert worden sein.

Dem Autor wurde mit Mord gedroht

Nachdem Außenministerium und Hofamt ihr Missfallen über das Buch klargemacht hatten, verzichtete Kodansha aus Gründen der Vorsicht ganz auf eine Publikation. Jetzt ist das Buch, das in Australien, in den USA, Taiwan und Indonesien bereits erhältlich ist, doch noch unzensiert im kleinen Verlag Daisan Shokan auf Japanisch erschienen.

Nationalisten haben deshalb die Verlagsbüros belagert, dem Autor Hills ist mit Mord gedroht worden. Alle sechs großen japanischen Tageszeitungen haben es abgelehnt, Anzeigen für "Prinzessin Masako" zu schalten.

Das umstrittene Buch bringt wenig Neues, es wiederholt Gerüchte; Aiko, die einzige Tochter des Paares, sei im Reagenzglas gezeugt worden, heißt es. Auch Hills ist es nicht gelungen, den Wall des Schweigens zu durchbrechen, der den japanischen Hof umgibt. Inzwischen geht es vor allem Verleger Akira Kitagawa mehr um die Publikationsfreiheit als um mögliche Enthüllungen über Masakos Gesundheit.

Gefragt, ob das Paar das Buch gelesen hätte, zitiert Ben Hills Kronprinz Naruhito, der in einer Pressekonferenz sagte, er habe nur davon gehört. Die Höflinge hätten es sicher gelesen, spottet Hills. "Masako und Naruhito müssten die Kämmerlinge fragen, ob sie es lesen dürften", und das ließen diese sicher nicht zu. "Die beiden können es ja nicht einfach bei Amazon bestellen, eine Kreditkarte haben sie ja auch nicht."

© SZ vom 25.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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