Italien: Fortsetzung des Fall Klatten:Schlammschlacht in Pescara

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"Klatten ist kein Opfer": Im Prozess gegen Ernano Barretta, den mutmaßlichen Hintermann im Fall Susanne Klatten, kündigt dessen Anwalt die Veröffentlichung intimer Details an.

Julius Müller-Meiningen

Wenn die Drohungen Carlo Taorminas Wirklichkeit werden, dann droht der Quandt-Erbin Susanne Klatten Ungemach. Taormina ist einer der Anwälte Ernano Barrettas, des mutmaßlichen Hintermanns in der Erpressungs-Affäre um Klatten und den Schweizer Helg Sgarbi. Sieben Millionen Euro sollen die Männer von der 46-jährigen Milliardärin erpresst haben, Sgarbi wurde deshalb in München bereits zu sechs Jahren Haft verurteilt.

Ernano Barretta ist der mutmaßliche Hintermann im Fall Susanne Klatten. Die Staatsanwaltschaft vermutet, er verberge immer noch Teile der Klatten-Millionen auf seinem luxuriösen Anwesen in den Abruzzen. (Foto: Foto: dpa)

Nun kündigte Taormina an, das, was Klatten beim Blitz-Prozess in München erspart blieb, nachzuholen: Details aus ihrem Privat- und Sexualleben auszubreiten und das nicht nur im Hinblick auf den Hochstapler Sgarbi. Der in Italien wegen seiner drastischen Ausdrucksweise berüchtigte Anwalt Taormina plant offensichtlich eine Schlammschlacht gegen die verheiratete Münchnerin, die angeblich reichste Frau Deutschlands.

Nach der jüngsten Sitzung im Prozess, der an diesem Donnerstag in Pescara fortgesetzt wurde, sagte Taormina zu sueddeutsche.de, Sgarbi und Klatten müssten vernommen werden und intime Details aus ihrer Beziehung vor Gericht preisgeben. "Sgarbi muss alles genau erzählen, was zwischen ihm und Klatten gelaufen ist, insbesondere was sexuelle Handlungen angeht."

Taormina beantrage am Donnerstag die erneute Vernehmung Sgarbis, entweder in Deutschland oder seine Vorladung vor Gericht in Pescara. Auch die reiche Deutsche, die sich beim Prozess in Italien als Zivilklägerin beteiligt, aber bislang nicht anwesend war, könne sich nicht gegen eine Vernehmung wehren. "Auch sie ist Zeugin und muss im Prozess aussagen", behauptet der Anwalt. Klattens Sprecher Jörg Appelhans war am Donnerstag zu einer Stellungnahme nicht bereit.

In einem Dokument, das sueddeutsche.de vorliegt, kündigt der 68-jährige Anwalt Taormina außerdem an, Nachforschungen im Privatleben Klattens anstellen zu wollen. Auf die Frage, ob er bereits über derartige Informationen verfüge, sagte Taormina: "Wir werden sie schon finden, wir haben da unsere Methoden." In dem Dokument heißt es außerdem: "Es wird geprüft, ob die Qualität und Quantität der sexuellen Handlungen, die Klatten genossen hat, im Verhältnis zur Summe des Geldes steht, das Sgarbi erhalten hat."

Geldübergabe als "pure Belohnung"

Der Schweizer hatte sich der Millionärin gegenüber als Liebhaber inszeniert und sich unter Vorwänden sieben Millionen Euro geben lassen. Das Münchner Gericht verurteilte Sgarbi nach dessen Geständnis wegen Betrugs und versuchter schwerer Erpressung. Taormina behauptet, bei der Geldübergabe habe es sich um ein "pure Belohnung" gehandelt.

Die Verteidigung wolle wissen, wie, wo und wie oft Sgarbi mit Klatten im Bett war und ob dem Verurteilten andere Affären Klattens bekannt sind. "Klatten ist kein Opfer, sondern eine Frau, die das Vergnügen, die Lust und den starken und krampfhaften Wunsch hatte, mit Sgarbi ins Bett zu gehen, um ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen", heißt es in dem Schreiben.

Die Verteidigungs-Strategie des in Rom ansässigen Anwalts richtet sich offenbar darauf, die Zivilklägerin Klatten mundtot zu machen und so seinen Mandanten von den Vorwürfen zu entlasten. "Es ist eindeutig, dass die Entdeckung ähnlicher Begebenheiten wie der mit Sgarbi, die Glaubwürdigkeit Klattens stark beeinträchtigen würden", heißt es weiter.

Die Vorstellung, Sgarbi habe Klatten betrogen, wäre in diesem Fall lächerlich. Taormina bezeichnete es als "außerordentlich unklug", dass Klatten als Zivilklägerin auftrete. Dieser Schritt zwinge die Verteidigung, "ins Detail zu gehen".

Barretta ist zusammen mit seiner Familie und drei Angestellten wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung, Betrug und versuchter Erpressung angeklagt. Die Staatsanwaltschaft Pescara hält ihn für den Hintermann im Erpressungs-Fall Klatten. Er soll intime Szenen bei einem Treffen zwischen Klatten und Sgarbi im Münchner Holiday-Inn-Hotel gefilmt haben. Barretta hatte das Nebenzimmer gemietet, bei Sgarbis Festnahme fand die Polizei mehrere Telefonnummern von anderen Erpressungsopfern bei dem Italiener.

Die Staatsanwaltschaft vermutet, er verberge immer noch Teile der Klatten-Millionen auf seinem luxuriösen Anwesen in den Abruzzen und habe mit dem Geld in Immobilien investiert. Bei dem Prozess Anfang März in München stellte das Gericht fest, Sgarbi habe Klatten mit der Drohung, intime Details der vermeintlichen Liebesaffäre zu veröffentlichen, zu erpressen versucht. Bevor Sgarbi jedoch mit den Details an die Öffentlichkeit ging, schaltete Klatten die Polizei ein.

Ob dem Antrag Taorminas stattgegeben wird, Sgarbi erneut in Deutschland oder in Italien zu vernehmen, soll das Gericht bis zur nächsten Sitzung am 21. Mai feststellen.

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