Kaum hat man bei Baus und Krzeslowski in Dortmund-Eving geklingelt, erfüllt lautes Kläffen das Mietshaus. Es ist kein aggressives Bellen, eher ein aufgeregtes. Aber man kann sich ja auch täuschen. Oben in der zweiten Etage öffnet sich dann eine Tür, und heraus springt ein Hund mit schwarzem Fell, weiß-grauer Brust und gefleckten Pfoten.
Eine Belohnung erhielt Rico nie... Der schlaue Collie mit seinem Frauchen Susanne Baus.
(Foto: Foto: dpa)Das muss Rico sein, der "intelligente Hund", ein Border-Collie. Er richtet sich auf, bellt, schleckt einen an Bauch und Beinen ab, läuft ins Wohnzimmer, nimmt mit der Schnauze ein Plüschtier und hält es dem Besucher hin.
Susanne Baus, sein Frauchen, ruft Rico zurück und bittet den Besuch, einen Blick ins Wohnzimmer zu werfen. Da liegen mehr als 200 malträtierte Plüschtiere in acht Plastikkisten.
"Ich mach" jeden Tag eine Kiste mit ihm. Die Stofftiere sind seine Schafe", erklärt sie in Anspielung darauf, dass Border-Collies Arbeitshunde sind und oft als Schäferhunde genutzt werden. Ihr Mann weist unterdessen präventiv darauf hin, dass es mit der Unterhaltung etwas schwierig werden könnte.
In der Tat: Kaum sitzt man, legt Rico einem mehrere Plüschtiere auf den Schoß. Und ebenso ohne Umschweife gibt Susanne Baus eine Kostprobe von Ricos Künsten: ¸"ico", ruft sie. Der Hund stellt sich vor ihr auf und starrt sie an. "Rico, wo ist der Weihnachtsmann?" Rico zögert eine Sekunde, macht zwei Schritte zurück, dreht sich um, geht suchen und präsentiert kurz darauf den Weihnachtsmann aus Plüsch.
"Fragen Sie ihn mal nach dem Drachen", sagt Baus. "Rico, wo ist der Drache?" Das gleiche Spiel. Ein Blick wie unter Hypnose, zwei Schritte zurück - und schwupps kommt der Drache. Rico kann etwa 260 Namen bestimmten Objekten zuordnen. 1999, als er bereits hundert Vokabeln beherrschte, ist Rico bei "Wetten, dass" aufgetreten und "Wettkönig" geworden.
Eine Berühmtheit in der Fernsehunterhaltung
Etliche Auftritte bei Sat 1, ProSieben, RTL folgten - Rico war zeitweise eine Berühmtheit in der Fernsehunterhaltung. Meist tauchte in den Beiträgen auch die Kieler Hundepsychologin Dorit Feddersen-Petersen auf, immer mit derselben Aussage: "Das ist völlig unmöglich. Das muss ein Trick sein", wiederholte sie beharrlich.
Doch sie irrte. Hunde können ähnlich wie Kleinkinder die Bedeutung unbekannter Wörter erraten und erlernen. Das haben nun Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie in Leipzig nachgewiesen.
Mehr als drei Jahre lang haben Julia Fischer und Juliane Kaminski mit Rico geforscht, bis feststand, dass die Fähigkeit, einen Zusammenhang zwischen Gegenständen und ihrer lautmalerischen Bezeichnung herzustellen, nicht nur Menschen vorbehalten ist.
Der Schluss, den man daraus ziehen kann, ist noch bemerkenswerter: Für jenes in der Fachsprache "fast mapping" genannte "schnelle Zuordnen" eines Begriffes zu einem bestimmten Objekt ist es nicht notwendig, die Worte selber artikulieren zu können. "Man muss nicht sprechen können, um viel zu verstehen", erklärt Fischer.