Inferno in Paraguay:Eingesperrt in einer Feuerhölle

Lesezeit: 2 min

Nach dem Brand mit 311 Toten stellt sich heraus, dass Ausgänge geschlossen wurden - die Kasse sollte stimmen. Unter den Opfern befanden sich auch zwei Deutsche.

Nach der Brandkatastrophe in einem Einkaufszentrum von Asunción mit 311 Toten sind schwere Vorwürfe gegen den Eigentümer laut geworden. Zeugen berichteten, dass private Wachleute des am Rande der Hauptstadt Paraguays gelegenen Supermarkts kurz nach Ausbruch des Feuers die Hauptausgänge versperrt hätten, um zu verhindern, dass Kunden ohne zu zahlen das Gebäude verlassen.

Nach Angaben der Polizei sind mindestens 296 Menschen getötet und 276 verletzt worden. Präsident Nicanor Duarte kündigte dreitägige Staatstrauer an. Aus aller Welt trafen Beileidsbekundungen ein.

Bundespräsident Horst Köhler sprach dem Staatschef des südamerikanischen Landes "tief empfundene Anteilnahme" aus. Unter den Opfern sind auch zwei Deutsche, ein 40-jähriger in Paraguay lebender Mann und sein Baby.

Binnen einer halben Stunde stand der Komplex in Flammen

In Asunción haben am Montag unter Tränen Angehörige ihre toten Verwandten in provisorischen Leichenhallen identifiziert, wohin Soldaten Wagenladungen von Särgen gebracht hatten. Der Unterricht war abgesagt, viele Menschen strömten zum Blutspenden in Kliniken.

Das Einkaufszentrum der Supermarktkette Ycas Bolanos war ein moderner Komplex mit Supermarkt, Schnellrestaurants, Büros und Tiefgarage. Vermutlich hatte die Explosion eines Propangas tanks den Brand am Sonntagmittag (Ortszeit) in einem Fastfood-Lokal ausgelöst.

Über die Decke aus Aluminium und Holz breitete sich das Feuer rasant aus, binnen einer halben Stunde stand der Komplex in Flammen, rund 700 Menschen hielten sich darin auf. Viele Zeugen berichteten, die Türen seien absichtlich zugesperrt worden. Der Feuerwehr zufolge verfügte das Einkaufszentrum auch nicht über die vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen.

In der glühenden Hitze brach eine Etagendecke ein

Eine Überlebende sagte, sie habe eine heftige Explosion gehört, gefolgt von zwei kleineren Detonationen. Dann hätten Wachleute gerufen, "schließt sie zu, schließt sie zu; niemand kommt hier raus ohne zu zahlen". Kurz darauf seien die Ausgänge versperrt gewesen. Es brach Panik aus. Ein Feuerwehrsprecher bestätigte, dass die Rettungskräfte vor verschlossenen Türen standen.

Ein Wachmann habe sogar Schüsse auf die Retter abgegeben. Passanten beobachteten den Todeskampf von Eingeschlossenen und versuchten, von außen Türen oder Schaufenster einzutreten. Hunderte Anwohner eilten den Rettungskräften zur Hilfe. Helfer geleiteten Kinder aus der Spielwarenabteilung ins Freie. Ein Überlebender sagte weinend: "Da waren Funken, als ob Feuerwerkskörper hochgingen.

Der Laden fing schnell Feuer und füllte sich mit Rauch, und es brach eine völlige Verwirrung aus. Ich habe meine Frau und Kinder verloren, als ich nach draußen lief." In der glühenden Hitze brach eine Etagendecke ein und stürzte auf die Tiefgarage, dort wurden Autofahrer von Flammen eingeschlossen.

Das Entsetzen "festgefroren" auf den Gesichtern der Toten

Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Eigentümer des Zentrums, Juan Pío Paiva, Ermittlungen wegen Totschlags eingeleitet. Paiva bestreitet, die Schließung der Ausgänge angeordnet zu haben. Polizeisprecher Santiago Velazco indes beruft sich auf mindestens 20 Zeugen, die versicherten, dass Menschen an der Flucht gehindert wurden.

Er habe in seiner 36-jährigen Laufbahn noch nie vor so viel Grauen gestanden. Überall hätten Leichen von Erwachsenen und Kindern gelegen, auf deren Gesichter das Entsetzen "festgefroren" gewesen sei. Laut Feuerwehrchef Hugo Onieva starben die meisten Opfer an Rauchvergiftung: "Hätte man sie nur rausgelassen, dann wäre das nicht passiert."

© AFP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: