Indonesien:Erneut Tsunami-Warnung für Java

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Die Bevölkerung auf der indonesischen Insel steht nach der Katastrophe vom Montag noch immer unter Schock. Nun schürt ein weiteres Seebeben die Angst vor einer zweiten Flutwelle.

Nach einem weiteren schweren Seebeben in Indonesien haben die indonesischen Behörden eine neue Tsunami-Warnung für West-Java und den Süden Sumatras ausgegeben.

Einwohner von Pangandaran fliehen in höher gelegene Gebiete. (Foto: Foto: Reuters)

Der Erdstoß der Stärke 6,2 ereignete sich am Nachmittag vor der indonesischen Küste, sagte ein Mitarbeiter des Erdbebenwarnzentrums in Jakarta im Rundfunk. Ein Beben dieser Stärke könne einen neuen Tsunami auslösen.

Die staatliche Behörde für Meteorologie und Geophysik in Jakarta erklärte, es habe sich nicht um ein Nachbeben der Erdstöße vom Montag gehandelt. In der Hauptstadt Jakarta schwankten die Hochhäuser.

Erst vor zwei Tagen hatten Erdstöße mit Stärken bis 7,7 einen Tsunami ausgelöst, der einen Küstenstreifen von rund 200 Kilometer Länge verwüstete. Dabei kamen nach jüngsten Angaben 525 Menschen ums Leben, 275 gelten noch als vermisst. Mehr als 38.000 Küstenbewohner verloren ihr Hab und Gut.

Das heutige Beben hatte nach Angaben des Geoforschungszentrums Potsdam eine Stärke von 6,1. Sein Epizentrum lag nur etwa 150 Kilometer westlich von Jakarta. Über Verletzte oder Schäden wurde zunächst nichts bekannt.

Kritik von der Unesco

Der Tsunami vom Montag hatte eine weltweite Diskussion über ein wirkungsvolles Warnsystem ausgelöst. Die Unesco bemängelte deutliche Schwächen.

Unesco-Generaldirektor Koichiro Matsuura betonte in einer Mitteilung seiner Organisation in Paris, die nationalen Regierungen müssten einen Weg finden, die Küstenbewohner schnell zu informieren.

Nur 19 Minuten nach dem Beben sei die indonesische Regierung vor einem verheerenden Tsunami gewarnt worden. Diese Warnung war jedoch bei den Menschen der betroffenen Region nicht angekommen.

Der indonesische Wissenschaftsminister Kusmayanto Kadiman hatte in der britischen Zeitung The Guardian schwerwiegende Fehler eingeräumt. Zwar seien aus Japan und Hawaii Warnungen eingetroffen. "Wir haben sie aber nicht bekannt gegeben."

In Indonesien hieß es, die Regierung habe kein System entwickelt, um die Küstenbewohner zu benachrichtigen. Vor allem zu den verstreut liegenden Fischerdörfern gebe es keine Verbindung.

Matsuura wertete die kurze Zeitspanne bis zur Unterrichtung Jakartas als Beweis für das gute Funktionieren des neuen Frühwarnsystems. Die Ergebnisse dieses ersten Praxistests würden Thema eines Treffen vom 31. Juli bis 2. August auf Bali sein.

Für die Weitergabe der Warnungen hat auch die Unesco kein Patentrezept. Für aufwendige Technik fehle meist das Geld, sagte ein Sprecher in Paris.

Noch immer herrscht Angst

Viele Überlebende der Katastrophe vom Montag leiden weiterhin noch unter der Angst vor der Gewalt des Wassers. Gerüchte von einer weiteren Riesenwelle hatten am Morgen vor dem erneuten Beben zu einer Panik geführt.

Laut "Wasser, Wasser!" schreiend flohen hunderte entsetzte Menschen mit Autos oder Motorrädern aus Notunterkünften in Strandnähe ins Landesinnere. Viele rannten um ihr Leben und zogen schreiende Kinder hinter sich her.

Rettungskräfte und Polizei versuchten inmitten des Chaos, die Menschen zu beruhigen. Als nach etwa 20 Minuten wieder Ruhe einkehrte, weigerten sich viele, in die Nähe des Wassers zurückzukehren.

Die deutsche Ärztin Gudrun Müller, die am Mittwoch mit einem Einsatzteam des Malteser Hilfsdienstes mehrere Dörfer am dem verwüsteten Küstenstreifen besuchte, berichtete von einer "deutlichen Angststimmung in der Bevölkerung".

Viele Einwohner arbeiteten zwar am Tage in Küstennähe oder suchten in den Trümmern ihrer zerstörten Häusern nach brauchbaren Resten. In der Nacht kehrten sie aber in Notunterkünfte zurück, die im Landesinneren auf Hügeln errichtet wurden.

Müller lobte die gute Organisation in vielen Orten und im Touristenzentrum Pangandaran. "An der völlig zerstörten Strandpromenade werden schon wieder die Elektroleitungen gezogen", sagte sie.

Als größtes Problem bei der Versorgung von Verletzten bezeichnete sie den weiten Weg über schlechte Straßen zu den Krankenhäusern. In Küstennähe gebe es keine guten medizinischen Einrichtungen. "Röntgengeräte gibt es auch nicht", sagte Müller.

Unter Leitung des Militärs ging am Mittwoch trotz schwindender Hoffnung die Suche nach Überlebenden weiter. "Rettungskräfte suchen auf See, an der Küste und unter den Trümmern nach Toten und möglichen Überlebenden", sagte Wasdi, der Sprecher des besonders betroffenen Distrikts Ciamus, in dem auch Pangandaran liegt.

Erstes Massenbegräbnis vorbereitet

Um Infektionen vorzubeugen, bereiteten die örtlichen Behörden am Mittwoch ein erstes Massenbegräbnis vor.

Die Katastrophe erinnert auf tragische Weise an den großen Tsunami vom 26. Dezember 2004. Damals wurden in neun Staaten am Indischen Ozean mehr als 220 000 Menschen getötet. Allein in der Provinz Aceh auf der indonesischen Insel Sumatra starben 177 000 Menschen.

Unter dem Eindruck dieses Desasters hatte die indonesische Regierung Ende vergangenen Jahres mit dem Aufbau eines Tsunami- Frühwarnsystems begonnen. Die Bojen, die zunächst vor der Westküste von Sumatra ausgebracht wurden, können aber nicht vor dem nächsten Jahr ihren Schutz auch auf Java und den Osten Indonesiens ausdehnen.

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