Hurrikan in Texas:Auf der Flucht vor dem "Killer-Sturm"

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Angst vor Ike: Mit ersten Überschwemmungen hat sich der Sturm im Süden von Texas angekündigt und mehr als eine Million Menschen in die Flucht getrieben.

"360 Tage im Jahr kann man das Leben in Galveston genießen. Die restlichen fünf muss man aus der Stadt verschwinden", sagt Hausbesitzer Paul King im örtlichen Fernsehen. Meteorologen erwarten, dass die Stadt von mehr als sechs Meter hohen Flutwellen überschwemmt wird. Wie er haben Hunderttausende an der texanischen Küste deshalb ihre Wohnungen verlassen. In Panik war King jedoch nicht. Schließlich seien Hurrikans Teil des Lebens an der Küste.

In der Nacht zum Samstag wird Hurrikan "Ike" an der texanischen Küste erwartet. (Foto: Foto: dpa)

Doch es ist der erste große Hurrikan in 25 Jahren, der die Region um Houston, die viertgrößte Stadt der USA mit aller Wucht treffen könnte. Vier Millionen Menschen leben im Großraum. Galveston liegt rund 30 Kilometer südöstlich.

Mit ersten Überschwemmungen, hohen Wellen und Windböen hat sich am Freitag im Süden von Texas der Monstersturm angekündigt. Im Landkreis Brazoria und auf der Insel Galveston, rund 30 Kilometer südöstlich der Millionenmetropole Houston, standen Straßen kleinerer Küstenorte unter Wasser, meldete der Houston Chronicle.

Die Appelle im Vorfeld an die Menschen waren dramatisch: Sogar der Nationale Wetterdienst hatte in unmissverständlicher Deutlichkeit gewarnt, "Ike" könne "den sicheren Tod" bedeuten.

"Nehmen Sie diesen Sturm nicht auf die leichte Schulter", warnte auch US-Heimatschutzminister Michael Chertoff. "Mit diesem Sturm scherzt man nicht. Er ist groß, er ist gewalttätig, er hat eine Menge Wasser im Gepäck." Wer nicht lebensmüde sei, solle den Sturm ernst nehmen.

Doch während die meisten Menschen die Küstengegenden verließen, war in Houston selbst größtenteils Gelassenheit zu spüren. Verblüffende Ruhe legte etwa Jim Barry an den Tag. "Ob wir auch gehen? Natürlich nicht! Wir befinden uns im Landesinneren, also denken wir, dass es uns nicht treffen wird", sagte der in der texanischen Metropole geborene und aufgewachsene Pizzabote.

Bürgermeister lässt Stadt räumen

Die Behörden sahen das anders. Bürgermeister Bill White, der ebenso wie zuvor in New Orleans extreme Vorsicht walten ließ, ordnete an, zunächst rund 250.000 Einwohner in Sicherheit zu bringen. Viele andere verließen die Stadt in den vergangenen Tagen auf eigene Faust Richtung Norden, ins Landesinnere. Nach Angaben des Gouverneurs von Texas, Rick Perry, flohen in seinem Bundesstaat insgesamt mehr als eine Million Menschen vor dem Sturm.

Die Flucht verlief geordnet und mit nur wenigen Staus - kein Vergleich zu dem Chaos, das 2005 angesichts des Hurrikans "Rita" geherrscht hatte. Dieser war damals auf "Katrina" gefolgt, der zwei Wochen davor in New Orleans für Verwüstung und Panik gesorgt hatte.

"Das mit 'Rita' war unglaublich. Alle hatten sich damals davon gemacht, die Straßen waren menschenleer", erinnerte sich Danish Baehrn, der als Rezeptionist eines Hotels nahe dem Stadtzentrum arbeitet. Auf den Autobahnen ging wegen der Staus fast einen ganzen Tag nichts mehr. Die Erinnerung an die Verzweiflung jener Tage steckt den Menschen in Houston noch immer in den Knochen.

Ebenso wie Pizzabote Barry deckten sich die meisten Einwohner deshalb nun mit Wasser, Lebensmitteln und Benzin ein. Einige Tankstellen meldeten angesichts des Ansturms der Autofahrer Treibstoffmangel. Die Mineralölfirmen riefen jedoch zur Ruhe auf: Die Versorgung sei gesichert, notfalls stünden auch Hunderte von Tankwagen bereit, um nach Texas aufzubrechen.

Die Stadien bleiben leer

Trotz der Gelassenheit war die Bedrohung durch "Ike" für Houston sehr ernst. Der Nationale Wetterdienst rechnete damit, dass die Wolkenkratzer im Zentrum von Sturmböen mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 130 Stundenkilometern getroffen und einige Stadtteile wegen der heftigen Regenfälle überflutet würden. Bereits am Freitagmorgen (Ortszeit) schwappte das Meer bedrohlich an Strandhäuser von Galveston.

Die Schaufenster der meisten Geschäfte waren mit Holzbrettern vernagelt. Der Gouverneur von Texas, Rick Perry, warnte vor allem vor Schäden an Dächern und Mauern, umstürzenden Strommasten und Bäumen sowie Stromausfällen. Alle öffentlichen Veranstaltungen und Aktivitäten im Freien wurden abgesagt oder verschoben. Die Stadien der Profisport- Vereine der Stadt werden an diesem Wochenende leerbleiben.

Frachter in Seenot

Unterdessen hat "Ike" hat im Golf von Mexiko einen Frachter mit 22 Besatzungsmitgliedern in Seenot gebracht. Das unter zypriotischer Flagge fahrende Schiff "Antalina" liege wegen eines technischen Schadens manövrierunfähig etwa 150 Kilometer vor der Küste von Texas, der sich "Ike" mit großer Wucht näherte, sagte ein Sprecher der US-Küstenwache. Die Besatzung habe am Morgen einen Notruf abgesetzt.

Das Schiff liege in der erwarteten Bahn des Hurrikans. Die Möglichkeiten zur Rettung seien wegen des Hurrikans sehr eingeschränkt, sagte der Sprecher weiter. Eine Bergung der Besatzung per Hubschrauber käme wegen des Unwetters nicht in Frage.

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