Hollywood:Der wahre Terminator

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Am Sonntag hat die Stunt-Branche ihre Besten gefeiert, und dabei waren auch wieder Arnold Schwarzenegger und sein Double Billy Lucas.

Von Thomas Becker

Los Angeles, 17. Mai - Das soll er sein? Der Terminator, der Mann, der seit 15 Jahren für Arnold Schwarzenegger vom Haus fällt, in Flammen aufgeht oder mit dem Motorrad gegen den Tanklaster knallt? Dafür sieht er bis auf den silbernen Totenkopf-Armreif recht harmlos aus.

Keine Schrammen, keine Kratzer, nichts davon zu sehen im Vierkant-Gesicht über dem mächtigen Kinn. Erstaunlich, dass 61 Action-Filme in 25 Jahren so wenig Spuren hinterlassen haben. Doch das glatte, ausgeruhte Gesicht von Billy Lucas kennen ohnehin nur die wenigsten. Die Arbeitskleidung des Stuntman ist die Maske.

Das war schon 1923 so, als Harvey Parry, Medaillengewinner bei den Panamerikanischen Spielen im Boxen und Turmspringen, in "Ausgerechnet Wolkenkratzer" für Komiker Harold Lloyd am Uhrzeiger hing. Einmal im Jahr fliegen, springen und purzeln seine Nachfolger jedoch ungeschminkt vor Hollywoods Kameras: bei der Verleihung des Taurus World Stunt Awards in Los Angeles.

Zum vierten Mal wurde der von Red-Bull-Gründer Dietrich Mateschitz gestiftete Stunt-Oscar verliehen. Dennis Hopper und Carmen Elektra moderierten die Show, und wie jedes Jahr war Schwarzenegger umjubelter Gast auf der Open-Air-Bühne der Paramount-Studios. "Er würde es um nichts in der Welt verpassen", sagt Lucas, Gouverneursposten hin oder her, "er ist der absolut beliebteste Schauspieler bei allen Stuntmen, weil er selbst so ein toller Athlet ist".

Seit "Running Man" (1988) ist Billy Lucas das Hauptdouble des erfolgreichen Action-Stars - und sein größter Fan. Voll des Dankes und Lobes ist er für den Mann, für den er sich übel zurichten ließ, der andererseits aber auch für gut bezahlte Jobs sorgte.

Genau die fehlten Lucas nach seinen drei Jahren bei den Marines. In der Ausbildung nahm der Mann aus Milton, Florida, nicht nur 15 Pfund in acht Wochen ab, er lernte dort praktisch alles, was er später als Stuntman brauchte. Nach ein paar Jobs als Rausschmeißer bekam Lucas in der Westernkulisse von Durango im Bundesstaat Colorado den ersten Stuntauftrag: vom Pferd fallen.

Sein bislang letzter Job: die Rolle des Frankenstein in "Van Helsing". Mit "Terminator3" war Lucas beim Taurus World Stunt Award in der Kategorie "Stunt mit einem Verkehrsmittel" nominiert, ging aber leer aus.

Ein paar Stunden Krankenhaus

Außer in Schwarzenegger-Filmen hielt er in vielen anderen Blockbustern seinen Körper hin: Die Hard 2, Cliffhanger, Thelma&Louise, Ghostbusters, Lethal Weapon, Batman & Robin - und bezahlte das alles mit nur ein paar Stunden Krankenhausaufenthalt. Zwei Mal hatte es ihn schlimmer erwischt: eine Rücken- und eine Brandverletzung, ein paar Stiche, ein paar Hautabschürfungen - "aber über Nacht musste ich nie im Krankenhaus bleiben", sagt Lucas.

Die Mär von den furchtlosen Stunt-Gesellen ist schnell entzaubert. "Natürlich habe ich Angst", erzählt er, "es ist dieser Moment, bevor dich das Auto trifft. Der Puls ist so hoch, du merkst zunächst gar nicht, ob du verletzt bist. Bislang konnte ich noch jedes Mal aufstehen." Gefährlich seien nicht unbedingt Stürze vom Dach oder vom Motorrad, sondern das Arbeiten "mit etwas, was ein Gehirn hat, ein Tier - oder ein Techniker, der die Explosion zu früh auslöst".

In "True Lies", jenem Film, der ihm mit all den Feuer-, Pferde-, Unterwasser- und Autostunts sein ganzes Können abverlangte, blieb er beim Galopp durch die New Yorker City an einem Ast hängen: zwei Wochen Augenklappe.

Das ist auch schon wieder zehn Jahre her, Lucas ist jetzt 46 und allmählich auf dem Weg vom Stuntman zum Stuntkoordinator. "Es tut schon alles weh morgens. Klar gibt es Stuntmen, die auch noch mit 60 arbeiten.

Aber wenn ich irgendwann nach dem Autocrash nicht mehr hochkomme, dann weiß ich: time to go. Ich will aufhören und noch gehen können." Auf seinen Kumpel Arnie wird er bei der Arbeit wohl künftig verzichten müssen: "Wenn es irgendwie zu machen ist, wird er auch noch den nächsten Schritt tun: Präsident werden." Billy Lucas wird dann nicht das Double geben: "Das ist nun wirklich nicht meine Welt."

© SZ vom 18.5.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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