Hochzeit im japanischen Kaiserhaus:Der Beginn der Normalität

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Prinzessin Sayako verliert durch ihre Hochzeit mit einem Bürgerlichen nicht nur ihren Titel, sondern muss sich auch an ein Leben jenseits des Hofes gewöhnen.

Henrik Bork

Aus Liebe verzichtet Japans Prinzessin Sayako auf ihren kaiserlichen Adelstitel und alle damit verbundenen Rechte. Für diesen Dienstag ist in Tokio die Hochzeit der 36-jährigen Tochter von Kaiser Akihito und seiner Frau Michiko geplant.

Und weil die Prinzessin einen Bürgerlichen heiratet, den 41-jährigen städtischen Beamten Yoshiki Kuroda, muss sie uralten Regeln zufolge die kaiserliche Familie verlassen.

Zum letzten Mal musste Sayako bei einer rituellen Abschiedsfeier dem strengen Hofzeremoniell gehorchen. In einem Shinto-Schrein auf dem Palastgelände verabschiedete sie sich dann am vergangenen Samstag symbolisch von ihren Vorfahren - weiss geschminkt und in einen zwölflagigen Kimono gekleidet.

Aus der Vogelforscherin wird eine Hausfrau

Anschließend wurde sie von ihren Eltern mit einigen Schluck Sake förmlich aus dem Kaiserpalast entlassen. Die Hochzeit wird im Hotel Imperial in der Nähe des Palastes gefeiert. Und in einem Bruch mit der bisherigen Tradition werden der Kaiser und die Kaiserin an der Hochzeitsfeier teilnehmen.

Die Prinzessin - das dritte Kind des Kaiserpaares und deren einzige Tochter - kennt ihren Verlobten seit vielen Jahren. Als sie ihn vor zwei Jahren auf Vermittlung ihres Bruders, des Prinzen Akashino, wiedertraf, verliebte sie sich in den vier Jahre älteren Kuroda.

Nach seiner Hochzeit will das Paar in ein Apartment in Tokio ziehen, berichten japanische Medien. Prinzessin Sayako hat bereits ihren Job als Forscherin an einen Institut für Ornithologie aufgegeben, das Einkaufen im Supermarkt gelernt und mit Fahrstunden begonnen, um sich auf ihr Leben als bürgerliche Haus- und Ehefrau vorzubereiten.

Japans Regierung erleichtert ihr den Neubeginn mit einer kleinen "Starthilfe" von umgerechnet 1,1 Millionen Euro aus der Steuerkasse.

Leiden unter den strengen Hofritualen

Sayakos Auszug aus den Palästen der Kaiserfamilie ist in gewisser Weise eine Umkehr des Weges, den Japans Kronprinzessin Masako vor kurzem beschritten hat. Masako, eine bürgerliche Diplomatin, war erst durch ihre Heirat mit Kronprinz Naruhito zur Prinzessin geworden.

Genauso hatte seinerzeit die heutige Kaiserin Michiko ihren Adelsstatus erworben. Beide Frauen haben stark unter dem unbeugsamen Hofritual gelitten. Masako, die bis vor kurzem unter Depressionen litt und nicht öffentlich auftreten konnte, scheint sich erst jetzt langsam an ihre Rolle zu gewöhnen.

Eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission berät darüber, ob ihre dreijährige Tochter Aiko künftig Kaiserin werden darf, sollte das Paar keinen männlichen Thronfolger mehr zur Welt bringen.

Eine Gesetzesänderung könnte auch bewirken, dass Sayako die letzte Prinzessin ist, die für ihre Liebe ihre Rechte aufgeben muss. Die Kommission erörtert, ob Prinzessinnen, die bürgerlich heiraten, künftig ihren Status behalten dürfen.

© SZ vom 15. November 2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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