Wie das mit den Bienchen und Blümchen funktioniert, wissen die meisten. Aber was ist mit den Bienen und den Varroa-Milben, dem Schwarmverhalten und der Amerikanischen Faulbrut? Da gibt es bei vielen Hobbyimkern noch Nachholbedarf. Deshalb werden gerade Forderungen nach einer Art Führerschein für Bienenbesitzer laut.
Benedikt Polaczek vom Berliner Imkerverband und Cornelis Hemmer, Mitbegründer der Initiative "Deutschland summt", die sich für Bienen- und Naturschutz einsetzt, fordern einen Qualifikationsnachweis für Imker, der gewährleisten soll, dass Bienenhalter Kurse besuchen. Sie sollen Bescheid wissen über Hygienemaßnahmen und Krankheitsprävention.
Der Vorschlag trifft auf viel Interesse, Lob, aber auch Kritik: Seit der Pressemitteilung klingelt Hemmers Telefon ununterbrochen, er bekommt Mails und Briefe: "Teilweise sind es bitterböse Nachrichten, die Leute wollen wissen, wie wir auf so eine blöde Idee gekommen sind. Da geht es vor allem um Angst vor Bürokratie und Kosten", sagt Hemmer und klingt trotzdem tiefenentspannt. Er ist überzeugt: "In fünf Jahren, wenn der Qualifikationsnachweis fester Standard ist, werden wir uns auf die Schulter klopfen und sagen: Wie schlau wir damals waren!"
"Imker brauchen Sachwissen. Es stellt sich ja auch niemand einfach eine Kuh in den Garten!"
Die Honigbienen haben in den vergangenen Jahren einen Boom erfahren. Besonders in den Großstädten, die dank Parkanlagen und Bepflanzung für Bienen sozusagen ein gedeckter Tisch sind, haben viele Menschen die Bienenhaltung als Hobby entdeckt. Das ist zwar einerseits gut für die bedrohten Bienen. Genau da liegt laut Hemmer aber auch das Problem: "Vielen Menschen ist gar nicht klar, dass Honigbienen Nutztiere sind und man als Imker Sachwissen benötigt. Es stellt sich ja auch niemand einfach eine Kuh in den Garten!"
Tatsächlich kann jeder mit wenigen Klicks im Internet ein Bienenvolk bestellen. Liegt hier also das Hauptproblem? Bei den Millennials, den Hipstern, für die Imkern "Urban Beekeeping" heißt und die sich Bienen auf den Balkon stellen, weil es jetzt auch Trend ist, etwas gegen das Bienensterben zu tun?
Da würde man es sich einfach machen, sagt Johannes Weber, Vorsitzender von Stadtbienen e.V., den man, wenn man in Schubladen denken möchte, tatsächlich als Berliner Hipster bezeichnen könnte. Oder einfach als jungen Mann, der mithilfe von Crowdfunding ein Sozialunternehmen gegründet hat, das sich für den Bienenschutz in Städten einsetzen möchte. Man erreicht ihn in Sierra Leone, wo er sich alternative Arten der Bienenhaltung anschaut. Der Wirbel um den "Bienenführerschein" hat ihn aber sogar in Afrika erreicht: "Per se finde ich die Idee von obligatorischen Imkerkursen super, das unterschreibe ich sofort. Aber dass in der Pressemitteilung explizit gegen unsere BienenBox gehetzt wird, ist für mich unverständlich." Die BienenBox ist eine von vielen Bienenbehausungen, die man online kaufen kann. Sie ist speziell für Hobby-Imker entwickelt worden, um nach ökologischem Ansatz Bienen im Garten, auf Dächern oder dem Balkon zu halten. Da klingen die Befürchtungen von Imkerverband und "Deutschland summt" nicht unberechtigt - oder?
"Alles nicht so leicht", sagt Silvia Appel, die selbst mit der BienenBox ins Imkern gestartet ist, bevor sie eine Bienenallergie entwickelt hat. Mittlerweile hat sie mit dem Imkern aufgehört, bekommt auf ihrem Blog "Garten Fräulein" aber immer noch Fragen von Bieneninteressierten gestellt, die Hilfe suchen. Zu Balkonbienen würde sie in der Stadt niemandem raten, "zumindest, wenn man Nachbarn hat. Meine Bienen sind ausgeschwärmt und im Innenhof hing eine riesige Wolke Bienen - ganz schön furchteinflößend!" Doch nach dem Transport in den Garten lief es besser, sie konnte sogar ordentlich Honig ernten. Das Imkern sei komplex, selbst nach einem Jahr sei sie noch unsicher gewesen. Kurse hält sie für unabdingbar.
Verpflichtende Kurse - eine gute Idee. Aber es fehlen die Kapazitäten
Verpflichtende Kurse halten also alle für eine gute Idee, wobei der Deutsche Imkerbund sich derzeit noch für eine freiwillige Basis ausspricht. Denn momentan fehlen schlicht die Kapazitäten für genügend Seminare. Für Weber, den Mann mit der BienenBox, liegt das Problem nicht beim Vorschlag selbst, sondern der Umsetzung. Er befürchtet eine Monopolisierung: "Niemandem sollte eine Doktrin ohne Alternativen aufgezwungen werden. Es sollten verschiedene Institutionen mit unterschiedlichen Ansätzen dazu zertifiziert werden, den verpflichtenden Kurs mit Qualifikationsnachweis anzubieten. Dann kann man sich über die Inhalte abstimmen, den Imkern aber die verschiedenen Arten der Imkerei zeigen, also konventionelle und ökologische Bienenhaltung." Sobald Weber aus Sierra Leone zurück ist, will er sich mit Cornelis Hemmer von "Deutschland summt" zusammensetzen und darüber sprechen, wie ein Qualifikationsnachweis konkret aussehen und wie man das Problem praktisch und für alle (Hobby-)Imker realisierbar lösen könne.