Hitze in Europa:Sogar das ewige Eis schmilzt

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In den Alpen taut es, instabile Felsen krachen in die Tiefe. Auf dem Rhein wurden Fahrrinnen wegen Niedrigwassers gesperrt. Am Mittwoch sollen im Südwesten heftige Gewitter die Hitzewelle stoppen.

Sonne trocknet Felsen aus

Ein Wanderer blickt auf den Gletscher des Mont Fort in Verbier. Die Hitze im Juni hat im Gebirge den Schnee vorzeitig abgeschmolzen. Jetzt taut die Sommersonne das ewige Eis auf. Es drohen nun Felsstürze und die Schmelzung des Permafrostes. Durch den Rückgang des Permafrostes werden Felswände, die vom jahrtausendealten Eis fixiert waren, rasch instabil. (Foto: AP)

In der Schweiz brachen am Dienstag vom Matterhorn in 3400 Meter Höhe Felsen ab. Rund 70 Bergsteiger wurden vorsorglich aus der Abbruchgegend zum Teil mit Hubschraubern evakuiert.

Am Oberen Grindelwaldgletscher stürzte abgebrochenes Eis in den Fluss Lütschine, wo es Flutwellen auslöste. Das Auftauen des ewigen Eises sei eine neue Gefahr, für die es noch kein Erfahrungswissen gibt, sagte der Zürcher Geographie-Professor Wilfried Haeberli. Felswände, die von Jahrtausende altem Eis gestaltet und festgehalten wurden, würden plötzlich brüchig.

In einem Gletschergebiet bei Kaprun in Österreich gab das Eis die mumifizierte Leiche einer vor rund 50 Jahren verunglückten Bergsteigerin frei, berichtete die österreichische Nachrichtenagentur APA am Dienstag in Salzburg unter Berufung auf die dortige Polizei.

Italien diskutiert über den Notstand

In Italien stehen die Stromnetze vor dem Zusammenbruch. Die Dürre haben die Obst- und Gemüsepreise um bis zu einem Drittel in die Höhe getrieben. Wie auch in Österreich drohen Ernteschäden in Milliardenhöhe. In italienischen Medien wird bereits diskutiert, wann der Notstand ausgerufen werden muss. Nach Angaben des Zivilschutzes ist dies vorerst noch nicht nötig. Doch eine Änderung der Großwetterlage ist noch nicht in Sicht.

In Deutschland kommen Schiffe nicht voran

In Deutschland führte die anhaltende Hitze bereits an mehreren Stellen des Rheins zu Einschränkungen der Schifffahrt. So wurden linksrheinische Fahrrinnen bei Oberwesel und Koblenz und Boppard gesperrt. Die Schiffe müssten wegen Niedrigwassers auf die rechtsrheinische Seite wechseln. "Die Schifffahrtsämter sind mit zahlreichen Peilschiffen unterwegs, um stetig zu aktualisieren, wie tief die Fahrrinnen noch sind", sagte ein Sprecher der Nautischen Informationszentrale Oberwesel. Schon seit Wochen können die Kapitäne nur mit verringerter Ladung fahren, teilte das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg mit. Der Pegelstand in Duisburg-Ruhrort lag am Dienstag bei 2,56 Meter und fällt um täglich fünf Zentimer.

Auf der Elbe in Sachsen hat die Trockenheit die Binnenschifffahrt - knapp zwölf Monate nach dem Jahrhunderthochwasser - zum Erliegen gebracht.

Hitze gefährdet die Gesundheit

Ältere Menschen, Kleinkinder und Kranke sind auch gesundheitlich stark durch die Hitze gefährdet. "Bei Hitzewellen schnellt die Todesrate nach oben", sagte der Leiter der Medizinmeteorologischen Forschungsstelle des Deutschen Wetterdiensts (DWD), Gerd Jendritzky, in einem dpa-Gespräch. Gegenmittel: allgemeine Fitness, ausreichend Flüssigkeit, Vorsicht vor Mittagssonne.

Zwischen Rostock und Passau treibt die Hitze die Menschen unterdessen scharenweise in die Freibäder. Im Würzburger Dallenbergbad beispielsweise erfrischten sich in diesem Jahr bereits mehr Menschen als im gesamten Vorjahr. In München stieg die Zahl der Besucher der Freibäder vom 1. Mai bis Mitte Juli um 170.000 im Vorjahreszeitraum auf 805.000. Sonne pur und Temperaturen um die 30 Grad machen auch aus den ersten Ferientagen in vielen nord- und mitteldeutschen Ländern Badetage.

Wald in Gefahr

Mit der Hitze ist im Südwesten auch die Waldbrandgefahr gestiegen. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) stufte zahlreiche Gebiete an Rhein und Bodensee als gefährdet ein. Spaziergänger müssten auf der Hut sein und dürften keinesfalls Zigarettenkippen oder Glasscherben wegwerfen, die zu gefährlichen Brenngläsern werden können, warnte auch die Feuerwehr in Westfalen.

Gewitter kommen, aber Regen reicht nicht aus

Heftige Gewitter sollen nach DWD-Angaben die Rekordhitze in Deutschland erst einmal vertreiben. Nach Spitzenwerten zwischen 34 und 36 Grad am Mittwoch im Südwesten kommt es am Nachmittag und Abend im Rheinland, am Hochrhein und in den Alpen zu gewaltigem Blitz und Donner. Aber auch wenn punktuell viel Wasser vom Himmel komme, reiche das nicht aus, das durstige Land ausreichend zu bewässern, sagte DWD- Meteorologe Michael Bauer. Am Donnerstag rückt die Gewitterfront in den Osten vor. Ab Freitag macht sich von Westen her eine ruhigere Mischung aus Sonne, Wolken und nur vereinzelten Schauern breit.

(sueddeutsche.de/ dpa)

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