Hintergrund:Waffenrecht in Europa

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Mehrere europäische Länder haben in den vergangenen Jahren ihr Waffenrecht verschärft - zum Teil als Konsequenz aus blutigen Gewaltexzessen. Ein Überblick.

Der Amoklauf in einer Realschule in Baden-Württemberg mit siebzehn Toten erinnert an das grausige Schulmassaker in Erfurt. Dort erschoss vor sieben Jahren ein 19-jähriger Ex-Gymnasiast kaltblütig in zehn Minuten 16 Menschen. Die beispiellose Bluttat traf die Gesellschaft damals bis ins Mark, Politiker verlangten einschneidende Konsequenzen. Doch was hat sich in Deutschland seitdem geändert?

In Deutschland wurde das Mindestalter für den Besitz von Schusswaffen im April 2003 von 18 auf 21 Jahre angehoben. (Foto: Foto: AP)

Der Amoklauf war Auslöser für eine Reihe von Verschärfungen im Waffenrecht, mit denen Politiker solchen Bluttaten entgegenwirken wollten. So wurde damals unter anderem das Mindestalter für den Waffenkauf von 18 auf 21 Jahre heraufgesetzt. So genannte Pumpguns mit Pistolengriff wurden verboten. Als weitere Konsequenz aus Erfurt müssen seither Personen unter 25 Jahren beim Erwerb von Schusswaffen ein medizinisch-psychologisches Zeugnis vorlegen.

Zum 1. Oktober vergangenen Jahres wurden weitere gesetzliche Regelungen verschärft und zum Teil dem EU-Recht angepasst: Der Besitz von Elektroschockern wurde verboten. Einige Waffen und Waffenimitate dürfen zudem in der Öffentlichkeit nur noch in verschlossenen Behältnissen transportiert werden: Dies betrifft Klappmesser und Messer mit feststehenden Klingen, wenn sie über zwölf Zentimeter lang sind, alle Hieb- und Stoßwaffen wie etwa Teleskopschlagstöcke oder Gummiknüppel sowie alle Arten von Softair-Waffen und Spielzeugwaffen, die wie echte Waffen aussehen.

Für scharfe Waffen, die durch technische Veränderungen zu Druckluftwaffen umgebaut worden sind - so genannte LEP-Waffen - muss eine Waffenbesitzkarte beantragt werden.

Ausgerechnet am Mittwoch, dem Tag des Schul-Amoklaufs in Winnenden bei Stuttgart, hat die finnische Regierung einen Entwurf für eine Gesetzesreform zur Verschärfung des Waffenrechts vorgestellt. Unter anderem soll das Mindestalter für den Besitz von Handfeuerwaffen von 15 auf 20 Jahre heraufgesetzt werden.

Finnland gehört zu den fünf Ländern mit den weltweit höchsten Anteilen für privaten Waffenbesitz. Im vergangenen Jahr erschoss ein 22-jähriger Mann an einer Berufsschule neun Mitschüler und einen Lehrer. Zehn Monate zuvor hatte ein 18-Jähriger acht Menschen an einem Gymnasium erschossen. Über das neue Gesetz soll das Parlament im Juni abstimmen.

In Belgien wurde 2006 ein strengeres Waffenrecht verabschiedet. Auslöser war ein rassistisch motiviertes Verbrechen in Antwerpen, bei dem ein Kleinkind und seine dunkelhäutige Babysitterin ermordet wurden. In der Schweiz fordert eine im Februar eingereichte Volksinitiative die Verbannung von Armeewaffen aus den privaten Haushalten, ein Verbot von besonders gefährlichen Waffen wie Automatikwaffen und Pump-Guns sowie einen obligatorischen Bedarfs- und Fähigkeitsnachweis für den Waffenbesitz.

In Portugal berät das Parlament zurzeit über einen Gesetzentwurf der Regierung zur Verschärfung der Waffengesetze. Vorgesehen ist auch eine Bestimmung, wonach Verdächtige nach Schusswaffengebrauch nicht mehr gegen Kaution freigelassen werden können. Die Regierung in Dänemark teilte in der vergangenen Woche mit, dass das Strafmaß für illegalen Waffenbesitz angehoben wird. Die Strafverfolgungsbehörden gehen zurzeit gegen die zunehmende Bandenkriminalität vor, die in den vergangenen Monaten drei Menschen das Leben gekostet hat.

Auch das Europaparlament hat schärfere Regeln verabschiedet: So sollen nur noch Personen im Alter von mindestens 18 Jahren, die nicht als gefährlich für die öffentliche Sicherheit eingestuft werden, Waffen kaufen und besitzen dürfen. Die EU-Mitglieder haben bis 2010 Zeit, dies in nationales Recht umzusetzen.

In den USA sind noch immer mehr Waffen in Privatbesitz als in jedem anderen Land der Welt: Rund 250 Millionen der weltweit 650 Millionen Schusswaffen in privater Hand befinden sich im Besitz von US-Bürgern, mittlerweile verfügt jeder vierte über mindestens eine Waffe.

Immerhin gibt es immerhin einige US-Staaten, die das Waffenrecht verschärft haben. Ein Jahr nach dem Amoklauf an der Columbine High School im Jahr 1999 hat Colorado ein neues Gesetz verabschiedet, das den Kauf einer Waffe für eine andere Person unter Umständen strafbar macht, ebenso wie die Überlassung einer Schusswaffe an Jugendliche ohne Zustimmung der Eltern. Aber schon drei Jahre später wurde das Waffenrecht wieder gelockert.

© AP/dpa/AFP/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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