Havarie in Hamburg:Weiterhin Gefahr einer Umweltkatastrophe

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Bei der Kollision eines Chemietankers im Hamburger Hafen sind elf Menschen verletzt worden. Zudem hat austretende Schwefelsäure vor Ort bereits zu einem Fischsterben geführt - und noch ist die gefährliche Ladung des Schiffes nicht geborgen.

Mit 500.000 Litern Schwefelsäure an Bord rammte der Gefahrgut-Tanker "ENA 2" des vermutlich betrunkenen Kapitäns am Montagabend ein auslaufendes Containerschiff. Zunächst traten nur geringe Mengen der Chemikalie aus.

Kieloben im Hamburger Petroleumhafen: Die "ENA 2". Sie soll am Mittwoch zunächst gedreht werden, um die 500.000 Liter Schwefelsäure an Bord abpumpen zu können. (Foto: Foto:)

Bei den für Mittwoch geplanten Bergungsarbeiten kann nach Behördenangaben allerdings weitere Schwefelsäure in den Hafen gelangen und gravierende Umweltprobleme auslösen. Nach ersten Ermittlungen der Polizei war der 36-jährige Tankerkapitän für den Zusammenstoß verantwortlich.

Austritt geringer Säuremengen

Beim Kentern des Tankers an der Einmündung traten geringe Säuremengen aus den Be- und Entlüftungsanlagen aus und verursachten ein Fischsterben im Becken des Petroleumhafens, wie die Feuerwehr mitteilte. Neun Hafenarbeiter und zwei Polizisten mussten nach der Havarie mit leichten Verletzungen durch die sich bildende giftige Dampfwolke über dem Hafen ins Krankenhaus gebracht werden.

Sie haben die Klinik am Dienstag wieder verlassen. Noch am selben Tag wurde die Bergung der am Kai mit dem Kiel nach oben liegenden "ENA 2" vorbereitet. Das Eintreffen eines Schwimmkrans aus Bremerhaven war für den Abend erwartet worden. Die doppelten Wände der Säuretanks waren bislang unbeschädigt geblieben. "Es gibt keine Anzeichen dafür, dass größere Mengen Schwefelsäure austreten", sagte der Vorstandsvorsitzende des Schiffseigners Norddeutsche Affinerie, Werner Marnette.

Das 62 Meter lange Spezialtransportschiff sei nach Einschätzung von Experten in stabiler Lage. Am Mittwochmorgen soll zunächst der gekenterte Tanker gedreht und die Säure abgepumpt werden, bevor der Havarist geborgen werden soll. Dabei könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ein bisher unentdeckter Riss im Rumpf öffnet und eine größere Menge Schwefelsäure austritt.

Gefahr einer Umweltkatastrophe noch nicht gebannt

Nach der Kollision am Montag sei man an einer Umweltkatastrophe "vorbeigeschrammt", sagte Feuerwehrsprecher Peter Braun. Wären die doppelten Tankerwände durch den Zusammenstoß beschädigt worden, hätte die Schwefelsäure austreten und ins Hafenbecken fließen können. Mit einer "richtigen Umweltkatastrophe" müsse aber immer noch gerechnet werden.

Dem Kapitän des Tankers wurde nach Polizeiangaben eine Blutprobe entnommen. Das endgültige Ergebnis soll in den nächsten Tagen feststehen. Die Bergung des Schiffes werde mindestens drei bis vier Tage dauern, hieß es. Marnette sprach von einem "bedauerlichen Vorfall", dessen Abläufe noch geklärt werden müssten. Die Norddeutsche Affinerie produziere jährlich eine Million Tonnen Schwefelsäure. Für den Transport würden nur modernste Schiffe eingesetzt, die hohen Sicherheitsstandards genügten und ständig kontrolliert würden.

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