Großbritannien:Versandhaus ruft radioaktiv belasteten Gürtel zurück

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Hunderte Nieten sollten den Hüftgürtel zu etwas Besonderem machen, doch sie machen ihn vor allem eins: gefährlich. Jetzt hat Großbritanniens größter Versandhändler Asos das radioaktiv belastete Accessoire zurückgerufen - und gibt seinem indischen Zulieferer die Schuld.

Schößchen sind eigentlich auf Hüfthöhe angebrachte Stoffapplikationen. Wem das allerdings zu romantisch und mädchenhaft ist, der schnallt sich ein Schößchen aus schwarzem Leder mit Nieten um. Bis vor kurzem gab es ein solches Accessoires bei Asos zu kaufen - bis bei einer US-Grenzkontrolle entdeckt wurde, dass die Nieten radioaktiv belastet sind.

Jetzt ist die Aufregung groß. Asos, das größte britische Online-Versandhaus, hat den Gürtel zurückgerufen. Dennoch: 49 der mit Kobalt 60 verseuchten Teile gelangten in 14 Ländern in den Verkauf. Wie viele Gürtel bislang zurückgeben wurden, ist nicht bekannt. Unklar ist außerdem, von welchem Asos-Zulieferer der Artikel wirklich stammt.

Fest steht aber: Wer das nietenbesetzte Schößchen länger als 500 Stunden trägt, muss mit gesundheitlichen Risiken rechnen. Das geht aus einem Bericht des Versandhändlers hervor, der dem britischen Guardian vorliegt.

Ungereimtheiten und Anschuldigungen

Ein Asos-Sprecher sagte: "Das Produkt erfüllt nicht die britischen Gesundheits- und Sicherheitstandards. Asos (...) hat eine vorsorgliche Rückrufaktion gestartet, weil ein solcher Vorfall nicht im Einklang mit unseren hohen Ansprüchen an Qualität und Kundenbetreuung steht. Keine andere Asos-Produktlinie ist betroffen."

Doch so klein Asos den Vorfall gerne halten möchte - in Indien schlägt er hohe Wellen. Dort sollen die Gürtel dem Unternehmen zufolge produziert worden sein. Der Zulieferer "Haq International" habe 614 radioaktiv belastete Gürtel geschickt, heißt es von Asos. Doch der beschuldigte Lieferant wehrt sich - und präsentiert mutmaßliche Beweise für seine Position.

Dem Guardian liegen Dokumente vor, wonach die an Asos gelieferten Gürtel nicht zu der Beschreibung der von Haq International gelieferten passen. Demnach haben die belasteten Gürtel 801 Nieten und wiegen 316 Gramm - wohingegen die von Haq International gelieferten Hüftgürtel in vier verschiedenen Größen mit maximal 750 Nieten besetzt sind und in der kleinsten Größe bereits 370 Gramm wiegen.

Der Zulieferer beharrt darauf, dass er Asos andere - nicht radioaktiv belastete - Gürtel geschickt habe. Dem Chef der Zuliefererfirma, Faizan Haq, soll vom Online-Modehändler verboten worden sein, die gelieferte Ware erneut zu kontrollieren. "Ich schreibe Asos seit Monaten, damit ich überprüfen kann, ob es sich um unsere Gürtel handelt, aber ich wurde abgewiesen", sagte er. Tests der Gürtel in der Londoner Niederlassung von Haq International hätten keine Strahlenbelastung nachgewiesen, sagte ein Unternehmenssprecher.

Asos hingegen pocht darauf, dass die belasteten Gürtel von Haq International stammen und begründet die abweichende Anzahl an Nieten damit, dass es sich um handgefertigte Exemplare handele.

Fabrikarbeiter demonstrieren

Den Ungereimtheiten um die Herkunft der Hüftgürtel zum Trotz hatte Asos zwischenzeitlich 100.000 Pfund (etwa 116.930 Euro) von seinem indischen Zulieferer gefordert. Des Weiteren behielt der Online-Versandhändler 64.000 Pfund (etwa 74.890 Euro) der eigentlichen Bezahlung ein. Infolgedessen musste Haq International seine Fabrik in Indien schließen, 18 Mitarbeiter verloren ihren Job.

Nach Protesten in Indien soll Asos mittlerweile angeboten haben, Haq International 24.000 Pfund (etwa 28.000 Euro) zu zahlen.

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