Grenzerfahrung:Pfui, Deutsch!

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Wenn es um das Nationalgefühl geht, haben Dänen kein Erbarmen: Deutsche Namen kommen ihnen jedenfalls nicht auf ihre Ortsschilder.

Eine Anregung aus der deutschen Minderheit für zweisprachige Ortsschilder im dänischen Grenzgebiet zu Schleswig-Holstein hat zu schroff ablehnenden bis extrem harten Reaktionen bei den dänischen Mehrheitsvertretern geführt.

So einträchtig wie die beiden Fahnen werden die Namen nicht auf dänischen Ortsschildern stehen. (Foto: Foto: dpa)

Dänemarks größte Zeitung Jyllands-Posten erinnert an die Möglichkeit, dass unter dem dänischen Stadtnamen "Aabenraa" (auch "Åbenrå") der deutsche Name "Apenrade" stehen könnte - der Name der Stadt bis zum Ende des Ersten Weltkrieges, aber auch zur Zeit der Nazi-Besatzung von 1940 bis 1945:

"Besonders beim älteren Teil der Bevölkerung lauern die Erinnerungen an das Herrenvolk direkt unter der Oberfläche." Deshalb sei es dumm von der deutschen Minderheit, mit dem Vorschlag "provokativ überflüssige Gegensätze zu erzeugen".

Als neuer Vorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger, der Vertretung für die etwa 15.000 Angehörigen der Minderheit im Grenzbezirk Nordschleswig (auf Dänisch Sønderjylland), hatte Hinrich Jürgensen Ende April die zweisprachigen Ortsschilder in den vier größten Städten Aabenraa (Apenrade), Haderslev (Hadersleben), Sønderborg (Sonderburg) und Tønder (Tondern) als "Aushängeschild für Toleranz und Offenheit" angeregt.

Das sei in vielen Teilen Europas mit Minderheiten eine Selbstverständlichkeit und im Übrigen positive Werbung für das dänische Grenzland, das händeringend deutsche Arbeitskräfte suche und Touristen aus Deutschland anlocken möchte.

Søren Krarup, Pfarrer und höchst einflussreicher Abgeordneter der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, sieht das anders: "Dänische Ortschilder haben Dänisch zu sein. Das gebietet der Respekt vor der angestammten Mehrheit hier."

Krarup macht sich als Vertreter seiner zum Regierungslager gehörenden Partei öffentlich für die Rückforderung von ehemals dänischen Gebieten im Norden Schleswig-Holsteins stark, ohne dass er dafür aus der Regierung auch nur gerügt worden wäre.

Auch die Bürgermeister der von Jürgensen genannten Städte sprachen sich in den Medien gegen zweisprachige Schilder aus. "Unsere Stadt heißt Aabenraa, und das wissen auch die Deutschen. Alles andere wäre das falsche Signal", sagte Bürgermeisterin Tove Larsen in Jyllands-Posten".

Leserbriefschreiber fragten empört: "Sollen wir vielleicht auch Arabisch und Türkisch beschildern?" Hier und in zahlreichen ähnlichen Äußerungen verband sich der in Dänemark äußerst scharfe Ton gegenüber Zuwanderern mit dem im Grenzgebiet immer noch sensiblen Umgang mit der seit dem 19. Jahrhundert wechselhaften deutsch-dänischen Geschichte.

Jürgensen lobt, wie auch alle dänischen Politiker, ohne Wenn und Aber das hervorragende Verhältnis zwischen Mehrheit und Minderheit im Grenzland: "Das läuft großartig." Nach den abweisenden und barschen Reaktionen auf seine Schild-Initiative ist er "doch enttäuscht und ein bisschen traurig". Es sei nie zu einem echten Dialog über die völlig freundlich und offen gemeinte Anregung gekommen.

Dabei hat gerade erst die schleswig-holsteinische Landesregierung grünes Licht für eine umgekehrte Doppelbeschilderung südlich der Grenze gegeben. Flensburg wird dann am Ortseingang auch Dänisch "Flensborg" genannt. Und niemand hat das Geringste dagegen.

"So müsste es beiderseits der Grenzen sein", meint Peter Dragsbo vom Regionsmuseum im dänischen Sønderborg/Sonderburg. Sogar auf dem Balkan mit "sehr viel sensibleren und gerade erst neugezogenen Grenzen" habe er zweisprachige Ortsschilder gesehen.

Seufzend hält er seinen Landsleuten vor, dass sie beim Aushängen des Schildes "Zimmer frei" wenig Aversionen gegen die deutsche Sprache offenbarten.

Siegfried Matlok, Chefredakteur beim deutschsprachigen Nordschleswiger, findet die Aufregung übertrieben. Es gebe für die Minderheit Wichtigeres, als "mit einer schroff abweisenden dänischen Mehrheit über Schilder zu streiten". "Die Dänen sind nun mal sehr national", sagt er und schlägt vor: "Auf Sparflamme halten."

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