Glosse:Das Streiflicht

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Was ein richtiger Rapper ist, also einer, der zu den Coolsten der Coolen zählt und allerhöchste Street Credibility genießt, der lässt sich von nichts und niemandem einschüchtern. Rapper sind knallharte Typen, und wer nicht mindestens zehn Verhaftungen, etliche Schießereien und eine missratene Kindheit in Abrisshäusern hinter sich hat, braucht zur Rapper-Aufnahmeprüfung in der New Yorker Hip-Hop-Akademie gar nicht erst anzutreten. "Früher begann der Tag mit einer Schußwunde", dichtete in den späten Sechzigern der deutsche Rap-Pionier Wolf Wondratschek, und damit war das Motto vorgegeben, nach dem Rapper bis heute ihr gnadenlos gefährliches Leben ausrichten. Nach dem Frühstück, das aus einem fetten Brot und einer plattgefahrenen Katze besteht, zieht er auf dem Rücksitz seines offenen Chevy durchs Ghetto, links und rechts drei Bitches, vulgo Frauen, die er mit Hundehalsketten aus purem Gold zusammenhält. Eine erfrischende Prügelei mit der feindlichen Gang rundet den Tag ab, die Nacht verbringt der Rapper in der Polizeizelle oder an Orten, die zu schildern einer bürgerlichen Zeitung nicht zukommt.

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