Geburtstag:Im Krieg gibt es keine Oliven

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Reif für einen Oscar - zum 70. Geburtstag des Schauspielers Donald Sutherland.

Von Susan Vahabzadeh

Manche Gangster stehlen, um ihr Leben zu bereichern, und manche, damit sie überhaupt eines haben, sagt der Gangster John Bridger in "The Italian Job", der seinem Zögling Mark Wahlberg mehr ein Vater ist als seiner antikriminellen Tochter Charlize Theron.

Donald Sutherland wird 70. (Foto: Foto: AP)

"Mach nicht meine Fehler, im Gefängnis sein hilft dir nicht, ein guter Vater zu sein..." Das war einer der schönsten Auftritte, die Donald Sutherland absolviert hat im Kino der letzten Jahre - er hat sich inzwischen auf die Nebenrollen zurückgezogen, dreht aber immer noch wie ein Workaholic.

130 Filme hat Sutherland gemacht in 40 Jahren - eine Karriere, die merkwürdig gelaufen ist für Hollywood-Verhältnisse: Zwei Golden Globes hat er bekommen, aber die Oscar-Academy hat ihn die ganze Zeit lang nicht zur Kenntnis genommen; nicht mal für die Glanzstückchen, die der Kanadier absolviert hat in den USA, Alan J. Pakulas "Klute" beispielsweise, wo er als Kleinstadtdetektiv einem New Yorker Call-Girl begegnet, sich ihr immer mehr annähert, auf die leise, zweiflerische Art, mit der Sutherland oft gespielt hat - der Oscar ging an Jane Fonda, die das Call Girl spielte. /p>Lieber spät als nieIrgendwann, in den nächsten Jahren, wird er schon noch einen bekommen, für eine Nebenrolle oder das Life Time Achievement - man kann sich die standing ovation jetzt schon vorstellen. Aber lieber spät als nie.

Sutherland, am 17. Juli 1935 in St. John, New Brunswick, Kanada geboren, hat in London studiert und begann in Europa, nach Anfängen in einer Theatergruppe in Toronto, als Kinoschauspieler zu arbeiten.

Mit einer Rolle in Robert Aldrichs "Das dreckige Dutzend" kam die Karriere 1967 in Gang, aber es dauerte dann noch drei Jahre, bis er jenen Job annahm, der ihn zum Starruhm katapultierte: Der sperrige New-Hollywoodianer Robert Altman besetzte ihn in seiner irren Komödie "MASH", die vom Koreakrieg handelte und Vietnam meinte, als Hawkeye Pierce, ein bis heute legendärer Auftritt.

Elliot Gould und Sutherland als Ärzte im Lazarett, die dem Wahnsinn des Krieges einen wunderbar perversen Sinn für Humor entgegensetzen und dabei schön herausarbeiten, dass nicht sie verrückt sind, sondern die Welt.

Hawkeye war ein wunderbar charmanter Fiesling - einmal fragt er seinen Lieblingsfeind im Ärzteteam , wie denn seine Geliebte so ist im Bett, und als ihm der andere seine Antwort mit einem Fausthieb verpassen will, quietscht er los: "He, ich bin Brillenträger!"

Cool waren die beiden, Hawkeye und sein Trapper John, auch ohne Oliven im Martini. Kleine Kompromisse muss man in Kauf nehmen im Krieg, sagt Hawkeye, "wir sind ja schließlich nur drei Meilen von der Front entfernt."

Auf diesem Wege ist Sutherland doch noch ein Kind des New Hollywood geworden - er war die Art von leading man, die plötzlich gefragt war, als die glattgebügelten Charmeversprüher des alten Studiosystems in die Jahre kamen und Typen wie Jack Nicholson und James Caan plötzlich die Rollenvorbilder waren.

Sutherland war ungewöhnlich, manchmal waghalsig, manchmal ein bisschen zwielichtig, und sehr oft von einer inneren, rationalen Gelassenheit. In Robert Redfords "Ordinary People" hat er einmal den weichen Part abbekommen, die Rolle des Vaters, der, als die Familie sich nach dem Tod eines Kindes in ihre Bestandteile auflöst, seine Gefühle besser nach außen tragen kann als seine Frau, Mary Tyler Moore, deren Kälte sich nur als Fassade entpuppt.

Sutherlands Gelassenheit war von anderer Natur, tiefer - vielleicht hat er deswegen so viele Väter gespielt, von "Wenn die Gondeln Trauer tragen" bis "Cold Mountain" ...

Am Sonntag wird Donald Sutherland siebzig Jahre alt, und inzwischen ist er für seinen Sohn Kiefer berühmt und für gut bezahlte, manchmal etwas merkwürdige Gastauftritte - als Oberboss in "Enthüllung" beispielsweise, oder in dem Estonia-Katastrophenfilm "Baltic Storm", wahrlich nicht die Krönung seiner Karriere.

Als ihm Atom Egoyan die Rolle des Anwalts in "The Sweet Hereafter" angeboten hat, die dann Ian Holm spielte, soll Sutherland abgewunken haben, weil es nicht genug Geld gab - ein hochgelobter Film, der in Cannes den großen Preis der Jury bekam. Aber irgendwie ist Sutherland halt immer Hawkeye Pierce geblieben, und der hätte es bestimmt genauso gemacht.

© SZ vom 16.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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