Gaggenau:Oma und Enkel überfahren

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Spurensicherungs-Markierungen der Polizei und Kerzen am Ort des tragischen Unfalls in Gaggenau. (Foto: Benedikt Spether/dpa)

Die 54-Jährige läuft mit dem Kinderwagen auf dem Gehweg, als ein Auto sie erfasst. Doch der Fahrer hilft nicht, sondern fährt einfach weiter. Die Polizei findet rasch einen Verdächtigen - weil er etwas verloren hat.

Ein Autofahrer hat eine Oma und ihren kleinen Enkel auf einem Gehweg der badischen Stadt Gaggenau überfahren und die Verletzten hilflos zurückgelassen. Die 54-jährige Frau und der sieben Monate alte Junge starben nach dem Zusammenprall. Nur zweieinhalb Stunden nach dem Unfall nahm die Polizei einen Verdächtigen fest. Das Kennzeichen seines Autos war am Unfallort gefunden worden. Die Ermittler konnten den 47-Jährigen bei einem Bekannten im Raum Gaggenau ausfindig machen, sein ramponiertes Auto wurde nach Angaben vom Sonntag sichergestellt. Ein Atemalkoholtest ergab, dass der Mann getrunken hatte. Allerdings ist unklar, ob er den Alkohol vor oder nach dem Unfallzeitpunkt konsumiert hatte. Wie stark er betrunken war und ob er Drogen genommen hatte, sollen Blutproben zeigen. Mit einem Ergebnis wird erst in den kommenden Tagen gerecht.

Der Mann bestritt jedoch eine Beteiligung, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Deshalb wurde er zunächst auf freien Fuß gesetzt. Die Beamten ermitteln wegen fahrlässiger Tötung und Unfallflucht gegen den Mann.

Weil sich zunächst keine Augenzeugen bei den Ermittlern meldeten, müssen diese den Unfall vom Freitagabend nun anhand von Indizien rekonstruieren. Ein Experte der Dekra soll klären, ob die Schäden am Wagen mit den Verletzungen der Opfer übereinstimmen. Zusammen mit Bildern vom Unfallort, der in einem Wohngebiet in einer Tempo-50-Zone liegt, soll er dann das Unglück rekonstruieren. Ein Computerprogramm fertige dann eine Unfallskizze. "Daraus kann man die Geschwindigkeit zurückrechnen", erklärte Klaus Hornung von der Verkehrspolizei Baden-Baden am Sonntag.

Unklar ist etwa, ob die Opfer auf dem parallel zur Straße verlaufenden Weg dem Autofahrer entgegenkamen. Zeugen werden dringend gesucht. "Durch die bisherigen Ermittlungen können die Minuten nach dem tödlichen Unfall und die Flucht des mutmaßlichen Täters nur in Teilen nachvollzogen werden", so Polizei und Staatsanwaltschaft. Auch zu den Sekunden vor dem Unglück fehlen den Ermittlern noch wichtige Details. Ersthelfer hatten die Verletzten gefunden. Die 54-Jährige starb auf dem Weg ins Krankenhaus. Ein Rettungshubschrauber brachte das Kind in eine Klinik, wo es am frühen Samstag starb. An der Unfallstelle legten Menschen Blumen ab und stellten Kerzen auf. Die Eltern wurden von einem Notfall-Krisenteam betreut.

Fahrerflucht bei tödlichen Unfällen gibt es bundesweit nach Erkenntnis des Statistischen Bundesamtes nur vereinzelt - im vergangenen Jahr 68-mal bei 457 354 schweren Unfällen von Auto- und Lasterfahrern mit Verletzten. "Dass sich der Fahrer nach so einem gravierenden Unfall aus dem Staub macht, das ist wirklich selten", sagte ein Polizeisprecher.

© SZ vom 16.07.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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