Freddie Frintons Witwe:Skål!

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Der Komiker ist als Butler James in "Dinner for One" berühmt geworden, der Sketch ist ein Stück deutsche Fernsehgeschichte. Nun feiert seine Witwe Nora ihren 90. Geburtstag - wie einst Miss Sophie.

Interview von Florian Kinast

Jedes Jahr an Silvester stolpert Freddie Frinton als Butler James über die deutschen Bildschirme, sein "Dinner for One" ist deutsche Fernsehgeschichte. Die gut situierte Miss Sophie feiert in dem Sketch ihren 90. Geburtstag, und weil ihre Freunde verstorben sind, muss James deren Platz einnehmen - und für sie trinken. Als Frinton im Oktober 1968 mit 59 Jahren an einem Herzinfarkt starb, hinterließ er seine Frau Nora und vier gemeinsame Kinder. Die Witwe heiratete 1977 erneut, ihr zweiter Mann John Harding starb 2004. Heute lebt Nora Harding in Abbots Langley nordwestlich von London. An diesem Donnerstag feiert nun sie ihren 90. Geburtstag.

SZ: Happy Birthday, Mrs. Harding. Wie feiern Sie denn Ihren 90.? Wie Miss Sophie, mit Mulligatawny Soup? Champagne with the Bird? Und White Wine with the Fish?

Nora Harding: Nicht ganz. Zumindest ohne Mulligatawny-Suppe. Und es wird eher ein Buffet für dreißig: Ich werde am Abend ein großes Buffet aufbauen, meine ganze Familie wird kommen, Freddies und meine vier Kinder, dazu 17 Enkel und Urenkel, die Partner und Lebensgefährten, es wird eine Menge los sein. Und ja, etwas Gutes zu trinken wird es natürlich geben, unter anderem Weißwein.

Wie haben Sie Ihren Geburtstag gefeiert, als Ihr Mann noch lebte?

Wenn er da war, dann war es immer etwas Besonderes. Dann sind er und ich abends schön zum Essen gegangen. Aber meistens war er eben nicht da. Er war fast das ganze Jahr auf Tournee und zog die ganze Insel hinauf bis nach Schottland. Meistens ist er in Theatern in den Seebädern aufgetreten. Blackpool, Bournemouth, Torquay.

Und hat "Dinner for One" gespielt?

Nicht immer. Oft stand er auch als Pantomime auf der Bühne. Dann hat er sich als Frau verkleidet, schrille Kleider angezogen und lustige Hüte aufgesetzt. Das hat er geliebt. Aber bei seinen Touren war Freddie eben die ganze Woche unterwegs.

Viel hatten Sie nicht voneinander.

Nein. Aber die Sonntage mit ihm waren immer Festtage. Ihm war ganz wichtig, für die Kinder am Morgen das Frühstück zu machen, ich denke gerne daran, wie sie freudig die Treppen in die Küche runterkamen, und da stand ihr Papa am Herd und servierte Pfannkuchen. Glückliche Tage.

Ihr Mann hat den Butler James nicht immer mit Mae Walden wie in der berühmten NDR-Aufnahme gespielt, sondern auch mit anderen Schauspielerinnen. Eifersüchtig waren Sie da nie?

Du meine Güte, niemals. Da konnte ich Freddie absolut vertrauen. Mae war außerdem damals schon in ihren Siebzigern, da musste ich mir keine Sorgen machen. Freddie war überhaupt ein sehr ruhiger Mann. Und getrunken hat er kaum. Ich habe ihn nur einmal mit einem Drink gesehen.

Wann war das?

Bei der Hochzeit unserer Tochter Sue. Auch seine Maske hat er übrigens immer selbst gemacht, da wollte er keinen ranlassen. Er war sehr eigen.

Sein ständiger Begleiter bei den Auftritten war also nur das legendäre Tigerfell?

Ja. Das hatte er sich Anfang der Fünfziger in einem kleinen Laden in einem Ort namens Bexhill gekauft. Hat er dort in einem Schaufenster entdeckt. Wenn er "Dinner for One" spielte, war es immer dabei.

Vor der Aufnahme beim NDR 1963 hatte ihm das Studio ja ein Eisbärfell hingelegt, Ihr Mann aber lehnte ab, weil der Kopf zu hoch war, und bestand darauf, sein eigenes Tigerfell zu verwenden ...

... ach, sehen Sie, das hatte mir Freddie gar nicht erzählt. Kann ich mir aber gut vorstellen. Er hat zu Hause oft mit dem Tigerfell geübt, wie er am besten stolpert und wie er in manchen Szenen den Fuß gerade noch über den Kopf hebt. Das war Millimeterarbeit. Mit einem höheren Kopf hätte das nie funktioniert.

Das Tigerfell haben Sie noch, oder?

Ja, es ist im Besitz unserer Familie, wird gut aufbewahrt und eines Tages sicher an Enkel und Urenkel weitervererbt werden.

Hat Ihr Mann zu Hause auch den Butler gemimt, einfach so, zur Belustigung?

Nein. Er war ein sehr fröhlicher und lustiger Mensch, aber da hat er die Arbeit doch immer vom Privaten getrennt.

Als das Stück 1963 aufgezeichnet wurde, konnte er nicht ahnen, welchen Erfolg es eines Tages haben würde, und als Silvester-Dauerbrenner behauptete es sich erst ab den Siebzigerjahren, lange nach seinem plötzlichen Tod 1968.

"Same procedure as last year?" Freddie Frinton in seiner berühmten Rolle als James, der Butler von Miss Sophie. (Foto: ddp images)

Ja, leider. Es ist sehr traurig und tut mir heute noch weh, dass er all den Ruhm und die Anerkennung gerade mit dem Erfolg in Deutschland nicht mehr miterlebte. Wenn er einen erfolgreichen Abend hatte und ihm die Menschen zujubelten, war das für ihn immer das Höchste der Gefühle. In seiner erfolgreichen Zeit in den Badeorten spielte er oft jeden Abend immerhin vor einigen Hundert Zuschauern. Aber dass das Stück im Ausland zu einer Legende werden würde, hätte er sich nie erträumt. Das hätte ihn so begeistert.

Warum ist das Stück in seiner englischen Heimat so in Vergessenheit geraten?

Das lag vor allem daran, dass sich in den Sechzigern der englische Humor stark veränderte. Es kamen die "Carry On"-Filme, es kam Monty Python, solche Comedians wurden populär. Sketche, wie Freddie sie aufführte, kamen aus der Mode, waren nicht mehr gefragt. Deshalb erinnerte sich dann niemand mehr an ihn. Erst in jüngerer Vergangenheit gab es einige Zeitungsartikel, in denen das Phänomen hinterfragt wurde, warum Freddie Frinton in Europa so bekannt ist, in England aber nicht mehr.

Sie glauben also nicht, dass das englische Fernsehen den Sketch anlässlich Ihres 90. Geburtstags zeigen wird?

Oh nein. Dafür bin ich viel zu unbekannt.

Sie haben auch keine Interview-Anfragen englischer Medien?

Entschuldigen Sie, aber da muss ich lachen. Das ist unmöglich. Das wird niemals passieren.

Was wünschen Sie sich zum Geburtstag?

Wissen Sie, ich habe ein wunderbares Leben. Ich bin vor vier Jahren noch einmal umgezogen, um näher bei meinen Kindern zu sein. Sie so oft zu sehen, macht mich glücklich. Meine Kinder und meine Enkel geben mir Kraft, wir lachen viel und oft. Ich freue mich über jeden Tag, an dem ich am Morgen aufwache und ein Lächeln auf den Lippen habe. Ich wünsche mir, dass ich noch viele solcher Tage erleben werde.

Bleibt nun bei der Feier, in Anlehnung an den Sketch, für Ihren Mann ein Stuhl frei?

Nein, ein leerer Stuhl wäre viel zu traurig. Wir wollen eine fröhliche Feier haben. Meine Söhne haben aber schon geplant, dass die Gäste alle ihr Glas heben und gemeinsam einen bestimmten Trinkspruch rufen.

Und zwar?

Skål, Miss Sophie.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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