Forschung:Strahlendes Unkraut

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Tumbleweeds säubern Truppenübungsplätze von Uran.

Von Bernward Gesang

Man hört nur das unbarmherzige Pfeifen des Winds. Wyatt Earp zieht cool an seiner Zigarette, dann führt er die Hand zum Colt und - einige rollende Büsche werden vom Wind über die öde Steppe geweht.

Es handelt sich um "tumbleweeds", lateinisch Salsola tragus und frei übersetzt Purzelbaumunkraut. Diese allgemein als Ärgernis angesehenen Pflanzen sind doch zu etwas nütze, berichtete Dana Ulmer-Scholle vom New Mexico Institute of Mining and Technology bei der Jahrestagung der Geological Society of America in Denver.

Tumbleweeds können zwar nicht die Kugeln aus der bleihaltigen Luft des Westerns "Tombstone" absorbieren, aber immerhin Uran aus kontaminierten Böden.

Abgereichertes Uran verwendet die US-Armee in panzerbrechender Munition, von der Reste in den Böden von Übungsplätzen und Schlachtfeldern zu finden sind.

Das Uran verseucht die Böden und ist giftig, wenn es von Lebewesen aufgenommen wird. Etliche Pflanzen können jedoch Uran aus dem Boden aufnehmen.

Ulmer-Scholle und ihr Team suchten daher nach einer Pflanze, "die mit der geringsten Menge an Wasser und Pflege auskommt", um ihre Arbeit auch in Dürregebieten zu verrichten.

Zudem soll sie leicht zu ernten sein, damit man sie gut entsorgen kann. So pflanzten die Wissenschaftler verschiedene Gewächse an und untersuchten die jeweilige Aufnahme von Uran. Testsieger waren die Tumbleweeds.

Die rollenden Büsche benötigen kaum Wasser und binden das Uran vor allem bis zur Blütezeit; erst nach deren Ende reißen sie sich von ihren Wurzeln los und verteilen purzelnd ihre Samen.

Werden sie zum Uraneinsammeln gepflanzt, kann man sie somit ernten, bevor sie Samen verteilen. Daher sei auch keine Unkrautplage durch ihren Einsatz zu befürchten, sagt Ulmer-Scholle. "Warum Pflanzen Uran absorbieren, ist ein Mysterium", gibt sie zu.

Fleißiges Unkraut

Es könne sein, dass das Uran für die Herstellung von Pigmenten benötigt werde. Übrigens erwiesen sich die Tumbleweeds als umso uranhungriger, je stärker die Böden verseucht waren.

Dabei können die Forscher sie noch unterstützen, wenn sie den Boden mit Zitronensäure düngen. Das Unkraut hat also nicht nur verborgene Talente, sondern ist auch fleißig.

Man darf daher erwarten, dass Wyatt Earp bei der nächsten Verfilmung seiner Geschichte mit dem Zeigefinger respektvoll an die Hutkrempe tippt, sobald die Tumbleweeds die Bühne betreten.

© SZ vom 12.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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