Das kleine, flache Land mit seinen freundlichen, pferdegesichtigen Bewohnern wird es nämlich bald nicht mehr geben. Es soll, wenn nur die Hälfte aller Prognosen stimmt, von der Nordsee aufgeleckt werden wie ein frisches Sommereis; Holland muss für alle Zeit verschwinden, zusammen mit seinen Käsemärkten, Hollandrädern, Grachten und Windmühlen.
Der Grund für die anstehende Enthollandisierung unserer Erde ist der Klimawandel, der dieses eigentümliche Land, das geostrategisch sowieso ziemlich ungeschickt unter dem Meeresspiegel hockt, in einen riesigen Teich verwandeln wird. Das mag ein großes Hallo unter den Holländern geben, ehe sie in ihre Wohnwagen springen und lecker nach Deutschland rasen, während hinter ihnen die grauen Fluten über dem Königreich zusammenschlagen.
Seepferdchen im Wappen?
Ein nicht minder großes Hallo wird dann aber auch in Nordrhein-Westfalen zu hören sein - einerseits um die Holländer zu bewillkommnen, andererseits weil die deutschen Anrainer natürlich vor der Aufgabe stehen, den Entkommenen eine angemessene, ihren niederländischen Bedürfnissen entsprechende Heimstatt zu bieten.
Diese könnte in großzügigen Freiflächen bestehen, auf denen die geretteten Holländer ihre Wohnwagen auf alle Zeit parken dürfen, um auf diese Weise ihre kulturelle Identität zu wahren. Gleichzeitig steht das Land Nordrhein-Westfalen vor der Jahrhundert-Herausforderung, das verloren gegangene Holland ersetzen und seinen exilierten Bürgern gewissermaßen als Stiefvaterland dienen zu müssen.
Mit Aussicht auf diese Perspektive hat es jetzt in der Landesregierung einen vergnüglichen Schriftwechsel gegeben, in welchem der SPD-Abgeordnete Karl Schultheis die Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) fragte, wie eine künftige Küstenregion NRW bestellt sein müsse, um zukunftsfähig zu sein. Erfreulicherweise hockte der Ministerin trotz der trüben Aussichten auf Hollands Zukunft der Schalk im Nacken, als sie anregte, das stolze Pferd im Landeswappen durch ein für das demnächst eher maritime Erscheinungsbild Nordrhein-Westfalens repräsentativeres Seepferdchen zu ersetzen.
Mit derartigem Schabernack soll es noch eine Weile hin und her gegangen sein im Ministerium, während die in der Nordsee tätigen Kräfte schon damit begannen, Holland aus der Verankerung zu lösen, probeweise abzusenken und die Ränder von Rhein- und Münsterland freizuschlagen für das künftige nordrhein-westfälische Küstenparadies, das zwar eine faule Frucht des klimatischen Weltdramas sein mag, aber: Strand ist Strand, also rein ins Wasser! Oder, wie der Westfale Heinrich Lübke sagen würde: ,,Das ist wie ein Märchen, und dieses Märchen wollen wir ausnutzen.''