Flugzeugunglück bei Athen:"Mein Cousin, ich sage lebe wohl. Wir erfrieren."

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Nach dem Absturz einer zyprischen Boeing gibt die genaue Unglücksursache weiter Rätsel auf. Die Behörden gehen von einem Defekt der Klimaanlage aus, der zu Bewusstlosigkeit bei Passagieren und Besatzung führte.

Eine Sprecherin des Herstellers Boeing erklärte, die B737 seien wie alle Boeing-Jets mit Warnsystemen ausgerüstet, die die Piloten auf einen Druckabfall in der Kabine aufmerksam machten.

Löscharbeiten nach dem Absturz der Helios-Maschine. (Foto: Foto: dpa)

Die griechischen Rettungsmannschaften haben am Montagmorgen den Stimmenrekorder aus dem Cockpit der abgestürzten Maschine der zyprischen Charterfluggesellschaft Helios Airways gefunden. Das Gerät, das die Gespräche der Piloten untereinander und mit der Flugsicherung aufnimmt, sei schwer beschädigt, berichtete das staatliche Fernsehen.

Bereits am Sonntag war der Flugdatenschreiber entdeckt worden. Von der Auswertung der beiden so genannten Black Boxes erhoffen sich die Behörden Aufschluss darüber, was wirklich im Flugzeug geschehen ist. Die Geräte sollen zur Auswertung nach Paris geschickt werden. Mit Ergebnissen werde frühestens in einem Monat gerechnet.

Die Bergungsaktion wurde die ganze Nacht über fortgesetzt. Wie der griechische staatliche Rundfunk am Montagmorgen weiter berichtete, werden die Arbeiten dadurch erschwert, dass die neun fehlenden Leichen sich unter einem Teil des Rumpfs der abgestürzten Maschine befinden.

Bei dieser größten Flugzeugkatastrophe in der Geschichte des Landes gab es keine Überlebenden, gab das Innenministerium bekannt.

Unklar war bis in die frühen Morgenstunden die Nationalität der Insassen. Es wird jedoch vermutet, dass die meisten Passagiere griechische Zyprer waren. Darunter sollen auch mehrere Kinder sein, die Mitglieder einer Fußballschule aus der Hafenstadt Limassol waren.

Nach Berichten des staatlichen Fernsehens (NET) waren auch 42 Kinder an Bord, die Mitglieder einer Fußballschule aus der Hafenstadt Limassol waren.

Der Pilot stammte dem zyprischen staatlichen Fernsehen (RIK) zufolge aus Deutschland. Die Opfer werden in einer Halle im Norden Athens aufgebahrt. Gerichtsmediziner und Angehörige sollen helfen, die Toten zu identifizieren.

Die Boeing 737-300 war am Sonntag rund zehn Kilometer nordöstlich des Flughafens von Athen abgestürzt. Nach Berichten griechischer Medien war während des Fluges von Larnaka nach Athen vermutlich die Klimaanlage ausgefallen und der Sauerstoff ausgegangen. Zugleich brach der Funkkontakt mit der Flugsicherung in Athen ab.

Nachdem der Kontakt zu den Fluglotsen abgebrochen war, ließ die griechische Luftwaffe zwei F-16-Kampfjets aufsteigen, um der Maschine zu helfen. Regierungssprecher Theodoros Roussopoulos sagte, die Piloten der Kampfjets hätten den Kopiloten der Boeing zusammengesunken im Sitz gesehen. Der Flugkapitän sei nicht nicht im Cockpit gewesen.

In der Kabine seien herabhängende Sauerstoffmasken zu sehen gewesen. Während eines zweiten Vorbeiflugs hätten die Jetpiloten zwei Personen gesehen, die versucht hätten, das Verkehrsflugzeug unter Kontrolle zu bringen.

Der Cousin eines Passagiers sagte dem Sender Alpha, er habe kurz vor dem Absturz eine SMS erhalten. "Die Piloten sind bewusstlos", habe es darin geheißen. "Mein Cousin, ich sage lebe wohl. Wir erfrieren." Die Berichte über Kälte in der Kabine deuteten auf einen Druckabfall und einen damit einhergehenden Sauerstoffmangel hin, wie der stellvertretende Chefredakteur des britischen Fachmagazins "Air Transport Intelligence", David Kaminski Morrow, sagte.

Der Fernsehsender NET zitierte den zyprischen Verkehrsminister Haris Thrasou mit den Worten, die Maschine habe bereits in der Vergangenheit Probleme mit dem Kabinendruck gehabt. Ein Sprecher von Helios Airlines wies dies jedoch zurück.

"Nach unserer Erkenntnis ist etwas im Flugzeug geschehen, wobei die Piloten das Bewusstsein verloren, und keiner im Flugzeug konnte uns etwas sagen", erläuterte der zyprische Verkehrsminister Haris Thrassou. Ein griechischer Regierungssprecher fügte hinzu, dass es keine Hinweise auf einen Terrorakt oder eine Entführung gebe.

Ein Teil der Verwandten der Opfer wurden in der Nacht mit einer Sondermaschine nach Athen gebracht. Weitere Angehörige wurden am Montagvormittag in Athen erwartet. In einer Halle nahe der Hauptstadt sollten Gerichtsmediziner und Verwandte die Leichen identifizieren.

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