Flugzeugabsturz bei Athen:Erst 24 Opfer identifiziert

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Nach dem Flugzeugabsturz bei Athen gestaltet sich die Identifizierung der 121 Todesopfer schwieriger als erwartet. Auch bei den Ermittlungen zur Absturzursache gab es einen Rückschlag.

Bislang seien erst 24 Leichen identifiziert worden, sagte ein Gerichtsmediziner am Dienstag. Auch bei den Ermittlungen zur Absturzursache gab es einen Rückschlag: Der Stimmenrekorder sei immer noch nicht gefunden worden, sagte der Vorsitzende der griechischen Zivilluftfahrt-Kontrollbehörde, Akrivos Tsolakis, im staatlichen griechischen Fernsehen (NET).

Angehörige von Opfern auf dem Flughafen von Larnaca vor dem Abflug nach Athen. (Foto: Foto: AFP)

"Das, was die Rettungskräfte am Montag fanden, war leider nur der Behälter des Stimmenrekorders. Ich bezweifle, dass wir das Gerät noch entdecken."

Die Boeing 737-300 der zyprischen Fluggesellschaft Helios Airways war am Sonntag nahe Athen abgestürzt. Auch 48 Stunden später war noch unklar, warum Piloten und Passagiere auf dem Flug von Larnaka nach Athen das Bewusstsein verloren. Die Behörden vermuten einen Defekt der Klimaanlage.

Athen schließt Anschlag aus

Einen Anschlag schloss die griechische Regierung aus. Die Maschine war mit Autopilot vermutlich in rund 10 Kilometern Höhe so lange über Athen gekreist, bis der Treibstoff ausging.

Auf Zypern herrscht Trauer und Entsetzen. Die Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer an. Auch in Griechenland wurden am Dienstag die Fahnen an allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast gesetzt.

Bei Untersuchungen von sechs Opfern stellten Gerichtsmediziner fest, dass diese bis zum Zeitpunkt des Aufpralls am Leben waren. "Ihr Herz schlug und sie atmeten", sagte ein Arzt. Dies bedeute jedoch nicht, dass sie noch bei Bewusstsein waren.

DNA-Tests notwendig

"Insgesamt haben wir 45 Leichen in einem relativ guten Zustand gefunden, 21 davon konnten leider nicht identifiziert werden", sagte ein Gerichtsmediziner. Noch schwieriger werde die Identifizierung von 73 Leichen, die nach den Worten des Arztes verkohlt sind. "Wir werden vermutlich mehrere DNA-Tests durchführen müssen."

Drei Absturzopfer - darunter der deutsche Pilot - konnten bislang nicht geborgen werden. Der 58-Jährige stammt nach Medieninformationen aus Thüringen. Zuletzt lebte er in Berlin, wie die Thüringer Allgemeine berichtet. Bevor er Pilot bei Helios Airways wurde, habe er Maschinen der DDR-Gesellschaft Interflug und der Lufthansa gesteuert.

Nur der Stimmenrecorder könnte Aufschluss über den Wortwechsel der Piloten mit der Flugsicherung vor dem Unglück geben. Vor allem könnte mit Hilfe der Aufzeichnungen wahrscheinlich geklärt werden, was im Cockpit genau geschehen ist, nachdem der Funkkontakt mit der Außenwelt abgebrochen war.

Die Mitschnitte geben in der Regel neben den Gesprächen auch alle anderen Geräusche in der Kabine wieder. Der Flugschreiber mit den Daten der Geräte in der Maschine ist dagegen intakt. Er soll in Paris ausgewertet werden.

Probleme schon im Dezember

Nach Angaben eines ehemaligen Helios-Chefingenieurs gab es bereits am 18. Dezember 2004 ein massives Problem mit dem Unglücksflugzeug. "Die Maschine hatte damals ein erhebliches Problem mit dem Luftdruck-Ausgleichsystem. Der Pilot musste von 30.000 auf 10.000 Fuß (von 12 000 auf 3000 Meter) runtergehen", sagte der ehemalige Chefingenieur Kyriákos Pilavákis am Dienstag im staatlichen zyprischen Fernsehen RIK.

Die Maschine habe anschließend auf Zypern notlanden müssen. Danach blieb sie fünf Tage lang auf dem Boden, um überprüft zu werden. "Anschließend schickten wir sie nach Großbritannien, wo sie erneut vier Tage lang kontrolliert wurde", sagte der Ex-Chefingenieur. Pilavákis hat am 1. April dieses Jahres gekündigt.

Die zyprische Justiz nahm umfangreiche Ermittlungen auf. Mitarbeiter und ehemalige Helios-Passagiere werden über ihre Erfahrungen und Erkenntnisse befragt. In der Nacht zum Dienstag stellte die Polizei bei einer Razzia in den Büros der Fluggesellschaft Beweismaterial über den Zustand der Maschinen sicher.

Zweifel an Fluggesellschaft

Die zyprische Nachrichtenagentur CNA berichtete, dass Journalisten und Reisende angegeben hätten, die Fluggesellschaft habe wiederholt Probleme mit ihren Maschinen gehabt, diese aber trotzdem starten lassen.

Informationen, wonach Passagiere aus dem Unglücksflieger von Athen noch kurz vor dem Absturz per Handy Kontakt mit Verwandten aufgenommen hätten, erwiesen sich unterdessen als falsch.

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