Flugschreiber ausgewertet:Sauerstoffmangel in der Todesmaschine

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Die Umstände des rätselhaften Flugzeug-Absturzes nahe Athen werden klarer: Bereits kurz nach dem Abflug soll ein akuter Sauerstoffmangel aufgetreten sein.

Ein plötzlicher Sauerstoffmangel hat wahrscheinlich nur wenige Minuten nach dem Abflug zu erheblichen Problemen in der Boeing 737-300 der Helios Airways geführt, die am vergangenen Sonntag nahe Athen abgestürzt war.

Der griechische Justizminister Anastasios Papaligouras (rechts) und der Athener Gerichtsmediziner Fillipos Koutsaftis halten Umschläge mit den toxikologischen Testergebnissen. (Foto: Foto: AP)

Eine erste Auswertung des Flugschreibers ergab, dass im Cockpit andauernde akustische Alarmsignale Sauerstoffmangel anzeigten. Über den Passagiersitzen fielen die Sauerstoffmasken aus ihren Gehäusen.

Klar scheint zudem, dass die Insassen kein hochgiftiges Kohlenmonoxid eingeatmet haben.

Das ist das vorläufige Ergebnis toxikologischer Gewebeuntersuchungen von sieben Opfern, die die gerichtsmedizinische Behörde vorgenommen hat. "Wir erwarten noch einige andere Untersuchungen und die endgültigen Erkenntnisse", sagte der griechische Justizminister, Anastassios Papaligouras, am Freitag im Fernsehen.

Stimmrekorder gefunden

Zu den untersuchten Leichen gehörte auch die des Co-Piloten. "Bei ihm war null Kohlenmonoxid zu finden", hieß es. Damit sei die Vermutung, der Co-Pilot sei wegen einer Kohlenmonoxidvergiftung ohnmächtig geworden, vom Tisch, meinten Experten im Radio.

Unklar ist dagegen, warum der deutsche Flugkapitän nicht auf seinem Platz war und wieso ein Steward mit Flugkenntnissen bei Bewusstsein blieb und die Maschine bis zu ihrem Absturz zu fliegen versuchte.

Unterdessen ist der Stimmenrekorder, von dem die Ermittler zunächst nur die leere Box gefunden hatten, am Freitag am Absturzort entdeckt worden. "Der Rekorder ist in gutem Zustand, soweit ich das sagen kann. Wir werden ihn sofort zur Auswertung schicken", sagte der griechische Chefermittler, Akrivos Tsolakis, im griechischen Nachrichtensender SKAI.

Helios soll Flüge einstellen

Man hoffe nun, Gespräche und Geräusche aus dem Cockpit während der letzten 30 Minuten des Unglücksfluges abhören und so der Absturzursache noch ein Stück näher kommen zu können.

Der zyprische Transportminister Háris Thrássou hat am Freitag Helios Airways aufgerufen, ihre Flüge vorübergehend einzustellen.

Zuvor hatte es zahlreiche Proteste von Reisenden gegeben, die wegen des Absturzes ihren Rückflüge von den Inseln im Ägäischen Meer nicht mit Helios antreten wollten. "Unter diesen Umständen würde ich der Fluggesellschaft raten, die Flüge vorerst einzustellen", sagte der Minister im Fernsehen (RIK).

Im Visier der Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft Zyperns ermittelt gegen die Gesellschaft, nachdem unter anderem der Sohn des Co-Piloten und eine Ingenieur von erheblichen Problemen bei der Wartung der Helios-Maschinen gesprochen hatten.

Unterdessen ist ein Flugzeug der Chartergesellschaft am Freitag in Großbritannien nach Problemen mit den Landeklappen umgeleitet worden. Die Maschine landete sicher auf dem Londoner Flughafen Stansted, bestätigte ein Flughafen-Sprecher.

Das Flugzeug war auf dem Weg von Larnaca nach London und sollte auf dem Flughafen Luton landen. Nachdem der Pilot Probleme mit den Landeklappen meldete wurde die Maschine nach Stansted umgeleitet.

Skepsis gegenüber "Schwarzer Liste"

Eine von der EU geplante so genannte Schwarze Liste für unsichere Fluggesellschaften trifft bei der Piloten-Vereinigung Cockpit auf Skepsis. "Wir sind von dem Vorschlag nicht ganz überzeugt", sagte Cockpit-Sprecher Karkus Kirchneck am Freitag der Netzeitung.

Derzeit gingen die Gesellschaften noch relativ offen mit Problemen um und machten Konkurrenten auf mögliche Schwierigkeiten aufmerksam. "Das könnte sich mit der Liste ändern." Die Airlines würden um jeden Preis versuchen, nicht auf die Liste zu kommen.

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