Flüchtlingsdrama:Suche nach 200 Vermissten erfolglos

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Die Suche nach weiteren Überlebenden eines vor der tunesischen Küste gesunkenen Flüchtlingsbootes mit 250 Afrikanern an Bord war bis jetzt erfolglos. Einen Tag nach dem Kentern eines afrikanischen Flüchtlingsschiffes im Mittelmeer ist auf der süditalienischen Insel Lampedusa ein weiteres Boot mit afrikanischen Einwanderern angekommen.

Die rund hundert Männer aus Nord- und Zentralafrika, die auf einem zweiten Boot auf der Insel Lampendusa landeten, wurden am Samstag im Flüchtlingslager der Insel untergebracht, wie die Behörden mitteilten. Die Suche nach rund 200 vermissten Menschen, die am Freitag vor der Küste Tunesiens mit ihrem Boot gesunken waren, blieb bis Samstagnachmittag erfolglos. Nach Angaben der rund 40 Überlebenden war das marode Schiff völlig überfüllt in Libyen gestartet. In Italien forderte die fremdenfeindliche Lega Nord erneut eine strengere Einwanderungspolitik.

Die auf Lampedusa angekommenen Flüchtlinge waren nach eigenen Angaben in der Türkei an Bord gegangen und hatten für die gefährliche Reise nach Westeuropa zwischen 700 und 1500 Dollar (rund 600 bis 1300 Euro) an Schlepper gezahlt. In Lampedusa beantragten sie politisches Asyl. Das für 250 Menschen gebaute Flüchtlingslager beherbergt inzwischen 500 Flüchtlinge.

41 Überlebende

Von den rund 200 nach dem Schiffsunglück vom Freitag vermissten Afrikanern fehlte bis Samstagnachmittag jede Spur. Die tunesischen Rettungskräfte setzten ihre Suche ununterbrochen fort. Nach offiziellen Angaben wurden am Freitag zwölf Leichen geborgen.

Die 41 Überlebenden stammen aus Mali, Ghana, Somalia, Ägypten, Marokko und Tunesien. Vier Frauen überlebten das Unglück, unter ihnen eine Schwangere. Die in der tunesischen Hafenstadt Sfax untergebrachten Überlebenden berichteten, ihr Schiff sei überfüllt und marode gewesen.

Im Rumpf seien nach einiger Zeit Risse aufgetreten und es sei Wasser ins Innere gelaufen, sagte ein 24-jähriger Marokkaner. "Wir haben versucht, die Risse zu stopfen, aber wir haben es nicht geschafft." Das Boot sei kurz nach Mitternacht in der Nacht zum Freitag gesunken.

Die Überlebenden schwammen nach eigenen Angaben fünf Stunden lang, bis sie von der tunesischen Marine gerettet wurden. In See stachen die rund 250 Menschen am libyschen Strand Suara. Zuvor zahlten sie nach eigenen Angaben pro Kopf 500 bis 800 Dollar an Schlepper. Das Schiff sank zwischen den tunesischen Inseln Kerkennah und Djerba.

Bossi nutzt Drama für rechte Propaganda

Der italienische Lega-Nord-Chef und Reformminister Umberto Bossi kritisierte erneut die Einwanderungspolitik seiner Regierung. Diese müsse "zur Kenntnis nehmen, dass die Leute genug von der Einwanderung haben", sagte er der Zeitung La Repubblica .

Bei einem Spitzentreffen der Regierungsparteien kommende Woche werde er Ministerpräsident Silvio Berlusconi seine Meinung "ins Gesicht sagen". Berlusconi sagte am Rande des EU-Gipfels im griechischen Porto Karras, seine Regierung kümmere sich um das Problem und werde es lösen, "aber es ist nicht unsere größte Sorge".

Die italienische Wirtschaft habe "einen gewissen Bedarf an Einwanderung, weil die Italiener bestimmte Arbeiten nicht machen wollen".

Die Mitte-Rechts-Koalition in Rom hatte im Wahlkampf 2001 versprochen, gegen illegale Einwanderung vorzugehen. Im vergangenen Jahr beschloss die Regierung schärfere Gesetze; in einer großen Legalisierungsaktion verschaffte sie gleichzeitig 700.000 illegal in Italien lebenden Menschen Papiere.

Die meisten Flüchtlinge starten von Libyen oder Albanien aus nach Italien. Mit Tirana schloss Rom bereits ein Abkommen über strengere Grenzkontrollen ab; mit Tiflis werden nach Angaben des Innenministeriums derzeit Gespräche geführt.

(sueddeutsche.de/AFP)

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