Flüchtlingsdrama in Mauretanien:Das tödliche Kalkül der Schlepper

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Zehntausende Menschen wollen in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft nach Europa. Nun sitzen 369 Flüchtlinge in Mauretanien fest und die Schlepper sind weg - mit einem riesigen Gewinn.

Die meisten der 369 gestrandeten Menschen sind Asiaten und sitzen nun alleine ohne Geld in Mauretanien fest. Sie hatten sich einer Schlepperbande anvertraut, um nach Europa zu gelangen. Jeder der Flüchtlinge hatte laut einem Bericht der International Herald Tribune zwischen 6000 und 10.000 Euro für die Überfahrt bezahlt.

Die Reise begann in Guinea und sollte nach etwa zehn Tagen auf den zu Spanien gehörenden Kanarischen Inseln enden. Stattdessen strandete das verrostete Boot Marine 1 im etwas weiter nördlich gelegenen Mauretanien.

Experten des Büro für Drogen und Verbrechen der Vereinten Nationen schätzen, dass eine Investition von etwa 50.000 Euro nötig sei, um einen Fischdampfer zu kaufen und entsprechend umzurüsten. An den Küsten Westafrikas liegen zahlreiche dieser Boote. Geht man davon aus, dass die Schmuggler von ihren "Kunden" etwa 350.000 Euro kassierten, haben sie mindestens 300.000 Euro Gewinn erzielt.

Enorme Gewinnspannen

Die Flüchtlinge warten oftmals lange in den Küstengebieten, bis sich genügend Menschen für eine Fahrt angesammelt haben. Oftmals verlangen die Schlepper zusätzliche Zahlungen, um die Boote angeblich mit Essen, einem leistungsstärkeren Motor oder einem Satelliten-Navigationssystem auszustatten.

Die UN-Experten schätzen laut International Herald Tribune, dass organisierte Banden allein mit dem Transport von Flüchtlingen aus Afrika nach Europa jährlich mindestens 300 Millionen Euro verdienen. In den meisten westafrikanischen Staaten wird Menschenschmuggel kaum verfolgt - die drohenden Strafen sind niedriger als etwa bei Drogen- oder Waffenschmuggel.

Immer häufiger arbeiten kleine, lokale Banden mit weltweit operierenden Verbechernetzwerken zusammen. Kristen Kvinge, die bei Interpol für die Bekämpfung des Menschenhandels zuständig ist, räumte kürzlich in der International Herald Tribune ein: "Wir wissen nicht, ob es in diesem Geschäft einen einzigen Drahtzieher gibt, oder ob es nicht eher 10 oder 20 kleine Drahtzieher sind."

Die Marine 1 startete ihre Fahrt nach Recherchen der UN-Experten in Guinea - dort sei es nicht möglich, den Hafen unbemerkt von der Küstenwache zu verlassen. Dies deutet für den UN-Mitarbeiter Antonio Mazzitelli darauf hin, dass die Menschenschmuggler oft von hohen Stellen gedeckt werden.

Die Internationale Organisation für Migration beschreibt das Kalkül der Schlepper mit noch drastischeren Worten: "Es ist für die Banden wahrscheinlich vorteilhafter, wenn die Boote sinken. So können sie sicher sein, dass es keine Überlebenden gibt, die die Behörden informieren könnten."

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