Feuerwehr Oer-Erkenschwick: Rituale:Folter als "Feuertaufe"

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Nackt mit Wasser abgesprüht, Schuhcreme auf Genitalien geschmiert: Wer Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr in einer Ruhrgebietsstadt werden wollte, musste absonderliche Rituale über sich ergehen lassen. Eine Frau erstattete Anzeige.

Absonderliche Aufnahmerituale bei der Freiwilligen Feuerwehr in der Ruhrgebietsstadt Oer-Erkenschwick (Kreis Recklinghausen) beschäftigen das nordrhein-westfälische Innenministerium. Bewerber beim Löschzug im Ortsteil Rapen wurden vor den Augen ihrer Kameraden nackt und gefesselt mit Wasser abgesprüht oder bekamen das Geschlechtsteil mit Schuhcreme eingeschmiert.

Die Westdeutsche Allgemeine Zeitung veröffentlichte dazu Fotos, die ihr zugespielt worden sind. "Ich bin entsetzt", sagte Bürgermeister Achim Menge zu den Vorgängen bei der Freiwilligen Feuerwehr.

Auf dem Höhepunkt des Skandals mit Rücktritten der örtlichen Feuerwehrleitung hatte die Bezirksregierung am Wochenende die Einsatzfähigkeit der Einheiten überprüfen lassen. Das Ergebnis stellte zwar die Bezirksregierung zufrieden, wie eine Sprecherin in Münster bestätigte. Das Innenministerium in Düsseldorf hat aber einen schriftlichen Bericht zu dem Fall angefordert.

Die zum Teil Jahre zurückliegenden Vorfälle waren bekanntgeworden, nachdem eine Anwärterin Anzeige wegen sexueller Nötigung erstattet hatte. Der Fall hatte sich im vergangenen September ereignet. Nach ihrer Darstellung war sie beim Aufnahmeritual an einen Baum gefesselt worden. Zwei Männer hätten ihr mit unzüchtigen Handlungen gedroht.

Die Frau konnte die Männer nach ihren Angaben zwar von ihrem Vorhaben abbringen, erstattete aber Anzeige, weil sich das Duo nicht einmal habe entschuldigen wollen. Die beiden Betroffenen und andere Feuerwehrmänner hätten die Situation später anders dargestellt, sagte Bürgermeister Achim Menge (CDU). Die Staatsanwaltschaft Bochum stellte das Verfahren ein.

Der 20-Jährigen wurde aber wegen der Anzeige gekündigt, ihrem Freund und dessen Vater, beide bei der Berufsfeuerwehr Oer-Erkenschwick, ebenfalls. Alle drei haben nach einer Klage beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ihre Stellen zurückbekommen.

Inzwischen seien seltsame Aufnahmerituale verboten, sagte der Bürgermeister, der zugleich oberster Dienstchef des Stadtbrandmeisters ist.

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