Feuer in Obdachlosenunterkunft:"Es hat die Ärmsten der Armen getroffen"

Lesezeit: 2 min

Der Brand in Halberstadt hat neun Männer das Leben gekostet, fünf Menschen wurden teils schwer verletzt. Wie die Wohncontainer zur tödlichen Falle werden konnten, ist nach wie vor unklar. Nichts scheint jedoch auf einen Anschlag hinzudeuten.

"Im Augenblick überwiegen Betroffenheit, Mitleid und Trauer, denn es hat die Ärmsten der Armen getroffen", fasst Oberbürgermeister Harald Hausmann die Tragödie an diesem kalten Freitagmorgen in Halberstadt zusammen. In der Obdachlosenunterkunft nahe des Hauptbahnhofs starben neun Männer. Sie fielen einem Flammeninferno zum Opfer, das aus bislang ungeklärter Ursache ausbrach. Fünf Bewohner überlebten das Feuer zum Teil schwer verletzt.

(Foto: Foto: AP)

Die Metall-Container brannten völlig aus. Matthias Hartung lebt in einem Haus ganz in der Nähe der Obdachlosenunterkunft im östlichen Stadtteil Wehrstedt, die aus 16 Containern bestand, die allesamt über Flure miteinander verbunden waren. "Kurz nach 5.30 Uhr wurde ich wach und sah hinaus. Da brannte schon alles lichterloh", erinnert er sich sichtlich bewegt.

"Da sind noch Menschen drin!"

Die Flammen seien aus Türen und Fenstern geschlagen. "Die Bleche knackten und bogen sich nach außen." Der Sohn eines Nachbarn habe beobachtet, wie die fünf Überlebenden aus den Containern rannten und schrien "Da sind noch Menschen drin!".

Von den fünf Verletzten kamen drei mit Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus, und zwei wurden ambulant behandelt. Ein Bewohner hatte Glück; er hatte die Nacht an einem anderen Ort verbracht, wie Polizeisprecher Ulrich Wagner berichtete.

Anschlag offenbar auszuschließen

Seinen Angaben zufolge gibt es zunächst keine Hinweise auf die Brandursache. Möglich seien eine technische Ursache oder fahrlässige Brandstiftung. Ein Brandanschlag werde nach ersten Erkenntnissen ausgeschlossen: "Es sieht so aus, als ist das Feuer innen ausgebrochen."

Einige der Männer hätten noch auf ihren Stühlen am Tisch gesessen, andere seien offenbar schlafend im Bett überrascht worden, was auf eine Kohlenmonoxidvergiftung deute. Ein Gerichtsmediziner erklärte, man sei vorübergehend sogar von zehn Toten ausgegangen, aber eine der vermeintlichen Leichen habe sich als Reste von Holz erwiesen.

Innenminister Klaus Jeziorsky, der den Rettungskräften bei ihrer schweren Arbeit zur Seite stand, lobte deren Einsatz. Der Politiker sprach von einer erschütternden Tragödie und kündigte schnelle Aufklärung an. Indes werden die Experten des Magdeburger Landeskriminalamtes mit der Spurensuche noch eine Weile zu tun haben: Die Container sind vom Feuer total verwüstet, die Leichen bis zur Unkenntlichkeit verbrannt, so dass die Identifizierung der Toten längere Zeit dauern wird.

In den Containern waren zuletzt 16 allein stehende Obdachlose im Alter zwischen 35 und 71 Jahren aus Halberstadt untergebracht, wie die Sprecherin der Stadt, Ute Huch, mitteilte. Ein Teil von ihnen habe seit 1996, als die Unterkunft eingerichtet wurde, hier gelebt. Es handelte sich fast ausschließlich um Männer, aber auch eine Frau wohnte dort. Sie sei offensichtlich nicht unter den Toten, sagte Polizeisprecher Ulrich Wagner.

Insgesamt hat in der sachsen-anhaltischen Vorharzstadt Halberstadt, die rund 39.600 Einwohner hat, 47 registrierte Obdachlose, wie Ute Huch weiter berichtete. Auf der Straße müsse keiner leben. Neben der Unterkunft in den Containern gebe es so genannte Schlicht-Wohnungen für weitere 31 Personen, das seien einfach ausgestattete Wohnungen vor allem für obdachlose Familien und allein stehende Mütter mit Kindern.

Unterstützung für die Überlebenden

Oberbürgermeister Hausmann richtet nun den Blick in die Zukunft: "Es geht jetzt um die Unterstützung der Überlebenden", sagte er. Es habe bereits Gespräche mit dem kommunalen Wohnungsunternehmen gegeben. Eine ferngeheizte Wohnung, Nahrung und Kleidung für die Verletzten stünden bereit.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: