Fernsehpreis:Mach mal was anderes!

Lesezeit: 2 min

Eine tolle TV-Saison ist 2006 nicht gewesen, ausdrücklich nicht für die Kommerzkanäle. Die achte Fernsehpreisshow ist so langweilig gewesen, dass wahrscheinlich die Selbstheilungskräfte der Branche stimuliert wurden .

Christopher Keil

Mit Harald Schmidt zu beginnen, ist nicht sehr originell, zumal, wenn festzustellen ist, dass man Schmidt am Freitagabend während der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises in Köln die meisten der ungefähr vier lustigen Minuten zu verdanken hatte. Er ließ sich eine so genannte TouchScreen aufstellen und parodierte den Hokus Pokus, den der so volkstümlich auftretende Mainzer Bundesligatrainer Jürgen Klopp während der Fußballweltmeisterschaft als Experte des ZDF entfachte.

Weniger lustig: Moderator Jörg Pilawa. (Foto: Foto: AP)

In den WM-Wochen stand zu befürchten, Klopps Strich-Kringel-Analysen könnten den Mythos Fußball entzaubern. Einerseits schien plötzlich der Mythos Klopp entzaubert. Andererseits wurde das ZDF-WM-Team um Johannes B. Kerner und Klopp ausgezeichnet. Schmidts Lachnummer ist sowohl Kritik als auch Würdigung gewesen. Auf jeden Fall betonte sie den Unterhaltungscharakter des Fernsehens - und nebenbei Schmidts nach wie vor große komödiantische Kraft.

Dass es auch einen Bildungscharakter gibt, sogar einen unterschiedlich verabredeten Bildungsauftrag, soll ja besonders an Fernsehpreisabenden sichtbar werden. Weil die besten Programme einer Saison zur Abstimmung kommen und weil die besten Moderatoren, Schauspieler, Produzenten, Journalisten und Filmemacher zusammen kommen. Da müsste was gehen, unabhängig davon, dass diesmal die ARD Ausrichter im Industriebau Coloneum war und die Preisverleihung folglich im Ersten gezeigt wurde.

Doch fast nichts ist im Fernsehen unabhängig von irgendwem und irgendwas. So kamen zur Begrüßung die Hupfdohlen des MDR-Fernsehballetts (Tanzschautrend!). Die WDR-Big-Band schmetterte auf. Jörg Pilawa, der Gastgeber, steppte mit. Und auf diesem Ereignisniveau ging es unfallfrei weiter. Sehr mehrheitlich gewannen öffentlich-rechtliche Beiträge, dabei hat die Jury nachvollziehbar und instinktsicher entschieden.

Ein tolle TV-Saison ist 2006 nicht gewesen, ausdrücklich nicht für die Kommerzkanäle. Die achte Fernsehpreisshow ist so langweilig gewesen, dass wahrscheinlich die Selbstheilungskräfte der Branche stimuliert wurden. Pilawa darf man vermutlich nicht vorwerfen, dass er dienstverpflichtet wurde. Er ist ein guter Quiz- und netter Hauptabendmoderator fürs (an Jahren) gehobene Publikum. Unbeeindruckt schreitet er durch die Irrungen einer Live-Show. Dass ihn manche in der ARD für Billy Crystal halten, macht er sich nicht zum Problem.

Am Ende stand der aus Hamburg stammende Darsteller Jan Fedder auf der Bühne, wo man ihn ausgezeichnet hatte, und er verlas ein offenbar selbst verfertigtes Gedicht: ,,Die Moral von der Geschicht: Mach vier Wochen ein anderes Gesicht. Dann, das ist kein Scheiß, kriegst du den deutschen Fernsehpreis.'' So einfach ist das und vor allem: originell.

Die wichtigsten Gewinner:

Bester Fernsehfilm/Mehrteiler: Dresden (ZDF). - Beste Unterhaltungssendung: Wer wird Millionär? - Prominentenspecial zur WM 2006 mit Günther Jauch und Hape Kerkeling (RTL). - Beste Schauspielerin: Dagmar Manzel (Die Nachrichten, ZDF, Als der Fremde kam, ARD). - Bester Schauspieler: Jan Fedder (Der Mann im Strom, ARD). - Beste Sitcom: Pastewka (Sat1). - Beste Serie: Türkisch für Anfänger (ARD). - Beste Informationssendung: ZDF spezial - Krieg ohne Ende (ZDF). - Beste Comedy: Bei Krömers (ARD/RBB). Beste Moderation Information: Anne Will für Tagesthemen (ARD). Ehrenpreis fürs Lebenswerk: Friedrich Nowottny.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: