Fall Stephanie:Mario M. simuliert Erstickungsanfall

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Der Peiniger von Stephanie hat die Justizbehörden in Dresden erneut genarrt: Diesmal wurde er hyperventilierend in seiner Zelle gefunden.

Stephanie-Peiniger Mario M. hat die Justizbehörden in Dresden am Samstagabend erneut in Aufregung versetzt. Gegen 18.45 Uhr entdeckte ein Gefängniswärter M. in seiner Zelle mit "hochrotem Kopf", wie der Sprecher des Justizministeriums, Martin Marx, sagte.

Mario M. (Foto: Foto: dpa)

Ein Notarzt sei gerufen worden. Der Mediziner habe eine Hyperventilation (beschleunigte Atmung) festgestellt, die M. vermutlich selbst herbeigeführt habe. Hinweise auf eine Verletzung oder Medikamentenmissbrauch habe der Notarzt nicht erkennen können.

Berichte, dass M. in seiner Zelle randaliert habe, wies der Sprecher des Justizministeriums zurück. Auch von einem Selbstmordversuch könne man nicht sprechen. "M. ist bei bester Gesundheit", sagte Marx. Der 36-Jährige wolle mit dieser Aktion erneut Aufmerksamkeit erregen. "Es wird ihm mit seinen Aktionen nicht gelingen, sich einem gerechten Verfahren und einer gerechten Bestrafung zu entziehen", sagte Marx.

Stephanies Rechtsanwalt Thomas Kämmer forderte unterdessen erneut personelle Konsequenzen. "Der Leiter der Justizvollzugsanstalt muss weg." Das Nachrichtenmagazin Focus berichtete unter Berufung auf das vorläufige psychiatrische Gutachten des Gerichts-Sachverständigen Hans-Ludwig Kröber, dass M. an einer "schweren Persönlichkeitsstörung" leide. Diese habe den Rang einer "seelischen Abartigkeit". M. sei überdurchschnittlich intelligent. Wegen der seelischen Beeinträchtigung habe sich sein Mandant "mental und emotional von seinen Mitmenschen und ihren Werten entfernt", sagte Verteidiger Andreas Boine.

Ein Kindheitstrauma von M. könne dafür die Ursache sein, sagte Boine. "Ab dem Alter von drei Jahren war er stark entstellt durch ein Furunkel auf der Nase. Sein Nasenrücken war komplett zerstört." Unter seiner "platten Boxernase" habe der Angeklagte bis in seine Jugend gelitten und "eine starke Stigmatisierung erlebt", schilderte Boine.

Zum Prozessauftakt am vergangenen Montag hatte M. im Gerichtssaal für Unruhe gesorgt. Dass danach die Sicherheitsmaßnahmen nicht verschärft wurden, sei auf die Untersuchung eines Psychologen zurückzuführen, sagte Sachsens Justizminister Geert Mackenroth (CDU) der Bild am Sonntag.

"Die Gefängnisleitung hat nach den Vorfällen bei Gericht sofort einen Psychologen mit der Untersuchung von Mario M. beauftragt", zitierte das Blatt den Politiker. "Der Psychologe kam zu dem Ergebnis, dass keine erhöhte Gefahr von Mario M. ausgehe und deshalb keine strengeren Sicherheitsmaßnahmen nötig seien." Im Justizministerium würden die Unterlagen geprüft.

Am Mittwoch hatte M. einen Skandal ausgelöst, als er seinen beiden Bewachern entwischte und auf das Dach des Gefängnisses kletterte. Dort harrte er rund 20 Stunden aus.

Seitdem gelten verschärfte Sicherheitsmaßnahmen für M. So wird er jede Stunde von einem Gefängniswärter in seiner Zelle aufgesucht. Zudem wurde ihm der Hofgang gestrichen. Nach der Kletteraktion wurde der Prozess gegen den 36-Jährigen wegen Verhandlungsunfähigkeit unterbrochen. Ein Amtsarzt erklärte den Angeklagten für nicht verhandlungsfähig. Die Sitzung soll nun am 21. November fortgesetzt werden.

Der arbeitslose Anlagenmonteur muss sich wegen Vergewaltigung, Geiselnahme, Kinderpornografie und anderer Straftaten vor dem Dresdner Landgericht verantworten. Er hatte zu Prozessbeginn gestanden, Anfang des Jahres die damals 13 Jahre alte Schülerin Stephanie entführt und wochenlang sexuell misshandelt zu haben.

Mario M. war 1999 wegen schweren Kindesmissbrauchs zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt worden. Nach einem positiven Gutachten kam er nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe auf Bewährung frei.

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