Fall Kampusch:Zweifel an Einzeltäterthese

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Der Fall der entführten Natascha Kampusch kommt nicht zur Ruhe: Ludwig Adamovich, Leiter der Ermittlungskommission, hält es nicht für eindeutig geklärt, dass Wolfgang Priklopil alleine für das Verbrechen verantwortlich ist.

Der Fall der entführten Natascha Kampusch kommt nicht zur Ruhe. Zuerst reichte der Anwalt des Entführungsopfers Klage gegen eine Wiener Zeitung ein, nachdem diese intime Details aus der Gefangenschaft der jungen Österreicherin veröffentlicht hatte. Gerald Ganzger bezeichnete die Berichte in der Gratiszeitung Heute als "Schund". Heute hatte aber Auszüge aus Verhörprotokollen mit Einzelheiten aus der Zeit im Kellerverlies veröffentlicht.

Der Fall Kampusch kommt nicht zur Ruhe. (Foto: Foto: dpa)

Nun stellt sich die Tageszeitung Standard die Frage, ob Wolfgang Priklopil das Verbrechen allein begangen hat oder ob es Mittäter gab. Ludwig Adamovich, Leiter der Innenministeriumskommission für den Fall, hält es nicht für eindeutig geklärt, dass Priklopil alleine für das Verbrechen verantwortlich ist. In den Akten gäbe es mehrere Hinweise, die geeignet seien, Zweifel an der von den Justizbehörden offiziell vertretenen Einzeltäterthese aufkommen zu lassen, sagte Adamovich in einem Interview mit der Zeitung: "Es gibt Unterlagen, die in diese Richtung hin nicht uninteressant sind."

"Ich weiß keine Namen", soll Kampusch in einem Verhör unmittelbar nach ihrer Flucht gesagt haben. "Das ist eine kryptische Antwort", die "in mehrere Richtungen interpretiert werden kann", sagt Adamovich. "Wenn es nur diese eine Stelle in den Akten gäbe, könnte man sagen, man lässt weitere Nachforschungen sein", sagt er.

Da es aber mehr Hinweise darauf gebe, dass Priklopil Komplizen gehabt haben könnte, seien Zweifel angebracht. Adamovich fordert, den Fall "im Interesse der öffentlichen Sicherheit" gründlicher zu erkunden: Immerhin stelle ein Mensch, der sich vielleicht an der Entführung und Gefangennahme eines Kindes beteiligt habe und weiter in Freiheit sei, eine Gefahr für andere Menschen dar.

In Interviews hatte Kampusch immer verlangt, dass Fragen zu Mittätern stets ausgeschlossen werden. Warum? "Eine interessante Frage", sagt Adamovich. Er kündigte an, dass die Kampusch-Kommission über einen außertourlichen Zwischenbericht nachdenke. Ob es diesen geben wird, soll bei einer Sitzung am 28. April entschieden werden.

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