Fall Kalinka:Staatsanwalt fordert Bewährungsstrafe für Vater

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Um den mutmaßlichen Mörder seiner Tochter Kalinka vor Gericht zu bringen, soll ein Mann dessen Entführung nach Frankreich veranlasst haben. Jetzt steht er selbst vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft veruteilt die Tat - zeigt aber auch Verständnis.

Im Entführungsfall um den Tod der 14-jährigen Kalinka hat die französische Staatsanwaltschaft in Mulhouse eine sechsmonatige Bewährungsstrafe für den Vater des Mädchens gefordert. André Bamberski, ein Franzose, soll die Entführung des deutschen Stiefvaters von Kalinka 2009 von dessen Wohnort am Bodensee in das elsässische Mulhouse eingefädelt haben, um ihn in Frankreich vor Gericht zu bringen.

Der heute 76-jährige Bamberski hatte jahrelang versucht, den deutschen Arzt Dieter Krombach vor Gericht zu bringen, der seiner Überzeugung nach im Juli 1982 seine damals 14-jährige Tochter Kalinka in Lindau am Bodensee sexuell missbrauchte und anschließend tötete. Deutschland, wo die Ermittlungen gegen Krombach aus Mangel aus Beweisen 1987 eingestellt worden waren, lehnte eine Auslieferung des Arztes jedoch ab.

Bamberski hatte am ersten Prozesstag am Donnerstag gestanden, dass er deshalb beschlossen habe, Krombach nach Frankreich bringen zu lassen, um ihn dort vor Gericht zu stellen. Er sei aber nicht Auftraggeber gewesen und habe auch nichts für die Entführung bezahlt.

Der heute 79-jährige Krombach war am 17. Oktober 2009 vor seinem Haus in Bayern überwältigt und verschleppt worden. Einige Stunden später wurde er gefesselt, geknebelt und mit Verletzungen im Gesicht beim Gericht von Mülhausen aufgefunden. Ende 2011 wurde Krombach bei Paris der Körperverletzung mit Todesfolge für schuldig befunden und zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Nach Überzeugung der französischen Justiz hatte der deutsche Arzt seiner 14-jährigen Stieftochter ein Schlafmittel verabreicht, woraufhin das Mädchen erstickte. Die genauen Umstände des Todes von Kalinka konnten aber nicht mehr geklärt werden.

Vor dem Gericht in Mulhouse sagte der französische Staatsanwalt einerseits: "Die Angeklagten sind Gauner, und sie haben eine schwere Straftat begangen." Eine Entführung sei ein Gewaltakt, Bamberski sei der Anstifter gewesen. Gleichzeitig brachte er dem ehemaligen Wirtschaftsprüfer "menschlich gesehen" Verständnis für seine Tat entgegen. "Ich bin beeindruckt von Ihrem Mut und Ihrer Beharrlichkeit" sagte er dem Angeklagten.

Für zwei Komplizen Bamberskis, einem Georgier und einem Kosovo-Albaner, forderte Staatsanwalt Hervé Robin ein Jahr Haft ohne Bewährung. Die beiden sollen Krombach ergriffen und nach Frankreich verschleppt haben. Eine österreichische Journalistin soll wegen ihrer Vermittlung zwischen Bamberski und den beiden Männern eine Haftstrafe von drei Monaten auf Bewährung bekommen. Ein Termin für ein Urteil steht noch nicht fest.

© dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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