Eschede:Verfahren eingestellt

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Nach achtmonatigen Verhandlungen hat das Landgericht Lüneburg den Eschede-Prozess gegen drei Ingenieure gegen Zahlung einer Geldbuße von jeweils 10.000 Euro eingestellt.

Zur Begründung führte das Gericht an, dass den Angeklagten "keine schwere Schuld an dem Unglück von Eschede" nachzuweisen sei.

Die Staatsanwaltschaft und die Verteidiger der Ingenieure hatten der Verfahrenseinstellung zuvor zugestimmt.

Die Opfer-Anwälte versuchten vergeblich, mit Befangenheits- und Beweisanträgen das vorzeitige Prozessende zu verhindern. Sie kündigten Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe an.

"Gericht muss Emotionen ertragen"

Das Gericht hatte in der vergangenen Woche angeregt, den Prozess gegen die drei Ingenieure einzustellen. Richter Michael Dölp hatte zwar Verständnis für die Nebenkläger geäußert, aber auf die Schwierigkeiten bei einer Fortsetzung des Prozesses verwiesen:

"Entsprechende Emotionen kann und muss das Gericht ertragen", sagte er. Weitere Beweisanträge der Nebenklage, darunter die Vernehmung von früheren Bahn-Vorstandsmitgliedern als Zeugen, lehnte die Erste Große Strafkammer ab.

Bei dem Unfall waren am 3. Juni 1998 insgesamt 101 Menschen ums Leben gekommen, als ein ICE wegen eines defekten Radreifens gegen eine Brücke geprallt war.

Die zwei Ingenieure des Eisenbahnbundesamtes sowie ein Ingenieur der Firma, die die damals neuartigen gummigefederten Hochgeschwindigkeitsradreifen hergestellt hatte, waren der fahrlässigen Tötung in 101 Fällen und der fahrlässigen Körperverletzung in 105 Fällen angeklagt gewesen.

Bahn-Anwalt Hanns Feigen begrüßte die Entscheidung des Gerichts.

Sie bestätige, dass die gegen die Bahnmitarbeiter erhobenen Vorwürfe nicht haltbar gewesen seien, sagte er. Auch aus Sicht der Staatsanwaltschaft hatte die bisherige Beweisaufnahme "zumindest keine schwere Schuld" der Angeklagten nachgewiesen, wie Staatsanwalt Heiner Dresselhaus sagte.

Die drei Angeklagten stimmten der Einstellung ebenfalls zu, wenn auch "schweren Herzens", wie eine Verteidigerin versicherte: Die Ingenieure hätten schließlich auf einen Freispruch verzichtet, der ihrer Ansicht nach letztendlich "sicher zu erwarten gewesen wäre".

Nebenkläger wollen nach Karlsruhe

Die Nebenkläger kündigten indes an, die Entscheidung noch auf dem Weg der einstweiligen Anordnung und der Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe kippen zu wollen. Ihrer Ansicht nach widerspricht das vorzeitige Ende dem im Grundgesetz garantierten Grundsatz eines fairen Verfahrens und verletzt ihr strafprozessuales Anhörungsrecht. "Entscheidende Fragen sind noch nicht erörtert worden", mahnte Opfer-Anwalt Rainer Geulen.

(sueddeutsche.de/AFP)

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