Erste mobile Amtsstube in Wittstock:"Wir sind Dienstleister"

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Beamte bewegen sich nicht auf den Bürger zu, sondern maximal vom Schreibtisch zur Kaffeemaschine? Nicht so im brandenburgischen Wittstock: Dort hat jetzt das erste Ordnungsamt auf Rädern eröffnet. Amtsleiter Holger Schönberg erzählt, wie der umfunktionierte Feuerwehr-Bus ankommt, warum Beamten-Klischees überholt sind - und wie das ist mit der Kaffeemaschine.

Alexandra Aschbacher

Die Stadt Wittstock ist mit 417 Quadratkilometern flächenmäßig die größte Stadt Brandenburgs und die sechstgrößte Deutschlands. Auf einen Quadratkilometer kommen nur 37 Einwohner, manche Ortsteile liegen bis zu 20 Kilometer von der Kernstadt entfernt. "Die bürokratischen Wege sind da oft ewig lang und kompliziert", sagt Holger Schönberg, Ordnungsamtsleiter der Stadt. Deswegen hat hier am Montag das "Amt auf Rädern" seinen Betrieb aufgenommen - in Form eines alten, umgebauten Feuerwehr-Busses. Ab sofort könnten die Bürger dort Dokumente abholen, direkt vor ihrer Haustüre.

SZ: Herr Schönberg, das Wichtigste zuerst: Gibt's in dem fahrenden Büro eine Kaffeemaschine?

Schönberg: Wir wollen es mal nicht übertreiben. Das ist sehr sporadisch eingerichtet, aber ein Bürger hat gut Platz drinnen. Wir haben hier eine Richtfunkantenne angebaut und können so über mobiles Internet auf Daten der Verwaltung zugreifen. Fantastische Sache.

SZ: Wo haben die Bürger denn bisher ihre Amtsgeschäfte erledigt?

Schönberg: Wir haben großzügig ausgestaltete Bürgerbüros, wo sich schon so manche zugezogene Bürger gewundert haben, dass man so wenig anstehen muss.

SZ: Sie machen gerade Werbung für Ihre Stadt, oder?

Schönberg: Nun gut, Raum haben wir jedenfalls genug. Liebend gerne würden wir neue Bürger begrüßen.

SZ: Weil die Jungen in die Städte ziehen und die Landbevölkerung hier immer älter wird?

Schönberg: Tatsächlich haben sich vor allem die älteren Bürger sehr lobend über unser Projekt geäußert. Die sind in Ihrer Mobilität ja oft sehr eingeschränkt.

SZ: Jetzt kommen die Beamten zu ihnen, und sie müssen nicht mal warten.

Schönberg: Na ja, am Montag mussten schon einige warten.

SZ: Sie sind schon ausgelastet?

Schönberg: Und ob. Im Ortsteil Freyenstein wurden aus den geplanten zwei Stunden ganze drei Stunden. 26 Bürger sind gekommen, viele brauchten eine Adressenänderung, einige haben Ausweise beantragt.

SZ: Niemand hat Ihren Wagen mit der Feuerwehr verwechselt?

Schönberg: Nein, unser Büro ist zwar ein alter Einsatzleitwagen unserer Feuerwehr. Auf dem Wagen steht jetzt aber "Ordnungsamt". Außerdem sind die Feuerwehrautos in Brandenburg blau.

SZ: Sie tun mit Ihrem Projekt ja nicht nur den Bürgern einen Gefallen, sondern auch einer ganzen Berufsgruppe: Beamte gelten gemeinhin als träge.

Schönberg: Dieses angestaubte Denken in den Amtsstuben haben die meisten in der Verwaltung längst überwunden. Wir sind Dienstleister und als solche für die Bürger da. Und wenn sie Probleme mit der langen Anfahrt haben, dann müssen wir eben mal raus aus der Amtsstube. Unser Ziel ist es, einmal im Monat in jedem Ort zu sein, im größten Ortsteil zweimal.

SZ: Unangenehm könnte es indes werden, wenn es mal regnet.

Schönberg: Da müssen wir uns tatsächlich noch was einfallen lassen. Wir haben aber auf alle Fälle immer ein paar Regenschirme mit dabei.

© SZ vom 11.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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