Ernährung:Ein Clown zum Frühstück

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Österreichs Gesundheitsministerium ist in die Kritik geraten, weil es McDonald's die Ernährungsberatung in Kindergärten überlässt.

Von Michael Frank

Europas Kinder sind zu dick. Das ist für sich genommen nichts Neues, und auch Österreich bildet da keine Ausnahme:

Fastfood kann so gut schmecken, aber dünner macht es leider nicht. (Foto: Foto: AP)

Schätzungen zufolge haben dort, ähnlich wie in Deutschland und in der Schweiz, bis zu 20 Prozent aller Kinder und Jugendlichen mit den Folgen von Bewegungsarmut und falscher Ernährung zu kämpfen.

Völlig neu sind allerdings die Methoden, mit denen das Land nun versucht, dem kindlichen Übergewicht zu Leibe zu rücken.

Denn für die frühe Aufklärungsarbeit in den Kindergärten hat Österreichs Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat von der Volkspartei einen Ernährungsberater gewählt, der ihr derzeit landesweite Kritik einbringt: Ronald McDonald, den lustigen Clown des gleichnamigen Fastfood-Riesen.

Seit Anfang April tourt der Konzern mit seiner ministeriell genehmigten Kampagne "gesund und fit" landesweit durch die Kindergärten. Mehr als 500 Einrichtungen haben die rund 45-minütige interaktive Zaubershow nach Auskunft einer Unternehmenssprecherin gebucht.

Erboste Eltern

Bei der Darbietung gehe es zu 90 Prozent um Bewegung, der nette Clown erkläre aber zum Beispiel auch, wie gesund Obst sei. McDonald's nehme mit der Aktion Verantwortung wahr, hieß es weiter.

Doch was bei den Kindern verständlicherweise gut ankommt, empfinden Eltern, Politiker und Medien als skandalös und wenig glaubwürdig. Erboste Eltern, deren Kinder nun bei der Kampagne verschenkte Spiele mit dem Konzern-Logo nach Hause bringen, sprechen von Schleichwerbung und früher Konditionierung.

Und die sonst so zurückhaltenden Salzburger Nachrichten resümieren: Es sei schon recht, "dass man gesunde Ernährung nicht mit erhobenem Zeigefinger vermittelt. Dass man jedoch in Kindergärten den Fastfood-Riesen McDonald's als Pädagogen einsetzt, ist so, als möchte man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben."

Fettleibigkeit durch Fastfood

Das Ministerium fungiere als Türöffner in die Kindergärten, damit die Werbebotschaften auch sicher dort ankommen, wo sie am effektivsten wirkten: bei den Allerkleinsten.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich Österreichs Politiker des Spaßmachers aus der Hamburger-Fabrik bedienen. In vielen österreichischen Volksschulen ist McDonald's etwa mit dem Programm "Ernährungsdetektive" präsent. Proteste waren in früheren Jahren rar. Doch diesmal scheint der Bogen überspannt.

Die Kritiker empören sich, dass ausgerechnet eine Fastfood-Kette mit der Vermittlung gesundheitsfördernden Verhaltens beauftragt wird, die nicht im besten Ruf steht: Schließlich prangern nicht wenige Ernährungswissenschaftler gerade das Fastfood als Urheber von Fettleibigkeit und Geschmacksverbildung an.

Ein gefundenes Fressen

Selbst wenn das Kindergartenprogramm pädagogisch Hand und Fuß habe und Produkte nicht direkt beworben würden, so monieren die Kritiker weiter, sei die zentrale Botschaft für die Drei- bis Fünfjährigen klar: McDonald's ist cool und lustig.

Die Bemühungen von Eltern, Kindergärtnerinnen und Lehrern, den Kindern einen gesunden, lustvollen Umgang mit Essen und Bewegung zu vermitteln, würden somit unterlaufen.

Ein gefundenes Fressen ist die Aktion indes für die Opposition: So forderte die familienpolitische Sprecherin der Sozialdemokraten, Andrea Kuntzl, die Gesundheitsministerin solle umgehend dafür sorgen, "dass der McDonald's-Clown seine Reise beendet".

Bedauern bei McDonald's

Wie könne man nur auf die Idee kommen, "einen Fastfood-Konzern zum Ernährungsberater für Kleinkinder zu machen", fragte Kuntzl weiter. Die Salzburger Grünen-Abgeordnete Heidi Rest-Hinterseer kündigte eine parlamentarische Anfrage an. Darin solle offen gelegt werden, wie viele Fördermittel McDonald's erhalte und warum man "mit knappen öffentlichen Mitteln die Schleichwerbung eines multinationalen Konzerns" finanziere.

Selbst der oberösterreichische Agrarlandesrat Josef Stockinger, ein Parteifreund der Gesundheitsministerin, erboste sich: "Unsere Kinder sollen nicht auf verfälschte Einheitsaromen hindressiert werden."

Bei McDonald's bedauert man nun, dass viele eine Kampagne verdammten, deren Show sie noch gar nicht gesehen hätten. Doch auch dem Gesundheitsministerium ist offenbar nicht mehr ganz wohl bei der Clown-Aktion. Hatte Maria Rauch-Kallat zunächst über ihren Sprecher verlauten lassen, das Programm sei "sinnvoll", heißt es nun, man werde die Kampagne noch einmal auswerten.

© SZ vom 12.5.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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