Erfurt:Neue Ermittlungen zu Schulmassaker möglich

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Beim Mordlauf im Gutenberg-Gymnasium vor zwei Jahren hatte der Täter Robert Steinhäuser eventuell einen Mitwisser. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der Kommission.

Von Jens Schneider

Erfurt - Beim Massaker im Erfurter Gutenberg-Gymnasium vor zwei Jahren hatte der Täter Robert Steinhäuser eventuell einen Mitwisser. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse der Kommission unter Führung des Thüringer Justizministers Karl Heinz Gasser. Sie hat fast zwei Jahre nach dem Mordlauf, bei dem Steinhäuser 16 Menschen und dann sich selbst tötete, die Umstände der Tat jetzt noch einmal untersucht. Die Kommission habe Spuren vorgefunden, "die uns beunruhigen und denen man nachgehen muss", sagte Gasser am Donnerstag in Erfurt.

Ausschluss von der Schule wurde hinterfragt

Offenbar werden neue Ermittlungen dazu geprüft. Der Bericht der Kommission hat zudem ergeben, dass der einige Monate vor der Tat gegen Steinhäuser ausgesprochene Ausschluss von seiner Schule rechtlich nicht begründet war und erforderliche Verfahren nicht eingehalten wurden. Allerdings betonte Gasser ausdrücklich, dass die Kommission in diesem unbegründeten Ausschluss Steinhäusers von der Schule "nicht den allein entscheidenden Auslöser Grund" für seine Tat sehe.

Als problematisch wertete die Kommission die Umstände, unter denen der Täter zu einer Waffenbesitzkarte und seiner Waffe kam. Auch sei der Erwerb seiner Waffe nicht vorschriftsgemäß vom Ordnungsamt geprüft worden. Dies ist laut Gasser nicht ohne Bedeutung: Bei der notwendigen Prüfung hätten sich dem Bericht zufolge "möglicherweise Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit Robert Steinhäusers" ergeben.

Keine Rettung der Opfer möglich

Darüber hinaus bestätigte aber die aus fünf Juristen zusammengesetzte Gasser-Kommission in wesentlichen Punkten weitgehend die bisherige Darstellung der Ermittlungsbehörden und widersprach damit der Kritik, die an dem Polizeieinsatz erhoben wurde. So hätten nach Erkenntnissen der Kommission alle Opfer auch bei früherer Ankunft von Ärzten nicht gerettet werden können.

Dies gelte auch für den Lehrer Hans Lippe, der - als einziges Opfer - nach den Schüssen auf ihn noch einige Zeit lebte und lange um Hilfe rief. In seinem Fall weise allerdings der damals ausgestellte Totenschein eine falsche Todeszeit auf.

Einen zweiten Täter gab es nicht

Die Gasser-Kommission schließt auch die Möglichkeit aus, dass es, wie vielfach behauptet wurde, einen zweiten Täter gab. Auch eine grundsätzliche Kritik am Vorgehen der Einsatzkräfte nahm die Kommission nicht vor. Der Einsatz sei keineswegs kopflos verlaufen.

Die "eingeleiteten Maßnahmen" seien "sicherlich sachgerecht" gewesen. Sie wären, so Gasser, jedoch wirkungsvoller gewesen, hätte es nicht Mängel bei der Kommunikation zwischen den Einsatzkräften gegeben. Diese seien zum Teil auf unzureichende Technik zurückzuführen.

Der Anwalt und Lebensgefährte einer am Gutenberg-Gymnasium getöteten Lehrerin, Eric T. Langer, der wegen der Umstände des Einsatzes Anzeige erstattet hat, sagte in einer ersten Stellungnahme, das Thema sei auch nach diesem Bericht nicht aus der Welt.

© SZ vom 1.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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