Entführungsfall in Portugal:Augen auf für Maddie

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Im Fall der vor zwei Wochen aus einer Ferienwohnung in Portugal entführten vierjährigen Madeleine tappt die Polizei im Dunkeln. Die Solidarität mit den Eltern wächst - weltweit.

Wolfgang Koydl

Chichewa gehört zur Familie der Bantu-Sprachen und wird in den südafrikanischen Ländern Sambia, Simbabwe, Mosambik und Malawi gesprochen.

Einblendung eines Bildes von Madeleine während des Uefa-Cup-Endspiels in Glasgow, Schottland: Madeleines Tante traf in London mit dem künftigen Premierminister Gordon Brown zusammen. Brown versprach seine Hilfe - "sowohl praktisch als auch persönlich". (Foto: Foto: AFP)

Im Zusammenhang mit der vor zwei Wochen aus einer Ferienwohnung in Portugal entführten vierjährigen Madeleine McCann käme diese Sprache wohl niemandem als erstes in den Sinn.

Und doch ist Chichewa eine der Sprachen, in welche die offizielle Website www.findmadeleine.com übersetzt wurde. Doch wenn es einen Grund gibt für diese außergewöhnliche Auswahl, so bleibt er geheim.

Auch die Tatsache, dass von Polnisch über Rumänisch, Ungarisch und Serbisch bis hin zu Russisch osteuropäische Idiome überdurchschnittlich auf der Website vertreten sind, lässt den Schluss zu, dass der Verdacht der Familie McCann über den Verbleib ihrer Tochter in eine bestimmte geografische Richtung zielt.

Man weiß seit langem, dass in diesen Ländern professionelle Verbrecherbanden operieren - Menschenhändler zumal, die sich brüsten, auf Bestellung menschliche Ware liefern zu können.

Freilich bleibt dies alles nur Spekulation, so wie auch alle Bemühungen der portugiesischen Polizei bislang wenig greifbare Ergebnisse gebracht haben.

Obwohl der zum "Hauptverdächtigen" erklärte 33-jährige Brite Robert Murat zwölf Stunden lang verhört wurde, hatten die Polizisten nicht genügend Indizien, um ihn in Gewahrsam zu halten.

Murat hat seine Unschuld beteuert und davon gesprochen, dass sein Leben wegen der Verdächtigung zerstört worden sei: "Ich bin zum Sündenbock für etwas gemacht worden, das ich nicht getan habe", sagte er dem britischen Fernsehsender "Sky News". Die Anschuldigungen gegen ihn hätten sein Leben und das seiner Familie "ruiniert" - "ich werde das nur überleben, wenn sie Madeleines Entführer erwischen".

Inzwischen wurde ein russischer Bekannter Murats für eine Vernehmung mitgenommen. Zuvor hatten die Beamten zwei Stunden lang seine Wohnung durchsucht, die unweit der Ferienanlage liegt, aus der Madeleine verschleppt wurde. Die Polizei beschlagnahmte Computer sowie anderes Material bei dem 22-jährigen Sergej Malinka, der - ebenso wie Murat - Immobilien an der Algarve verkauft. Da er sich mit Computern auskennt, hatte er für Murat eine Website entworfen. Es gibt keine Informationen darüber, ob Malinka als Zeuge oder als Verdächtiger verhört wird.

Kate und Gerry McCann, die Eltern Maddies, sind unterdessen entschlossen, das Interesse an der Suche nach ihrer Tochter nicht einschlafen zu lassen und die Nachforschungen möglichst weltweit auszudehnen. Leser der Website werden aufgefordert, Bilder des Mädchens herunterzuladen und an alle Freunde und Bekannte weiterzusenden oder Plakate mit dem Konterfei auszudrucken, diese an ihren Autos oder Fenstern zu befestigen und an so viele Menschen wie möglich zu verteilen.

Die Familie hat darüber hinaus unter dem Titel "Look for Maddie" (Sucht nach Maddie) eine DVD mit Bildern ihrer Tochter produziert. Sie wurde erstmals am Mittwochabend in der Halbzeitpause des UEFA-Cup-Endspiels auf dem Bildschirm des Fußballstadions von Glasgow gezeigt. Die beiden "O" im Wort "look" sind gestaltet wie die markanten Augen der Kleinen.

Unterdessen sucht die Familie daheim in Großbritannien weiter nach Unterstützung in der Öffentlichkeit. John McCann, der Onkel Madeleines, rief einen "Kampffonds" ins Leben. Er soll es den Eltern der Entführten unter anderem ermöglichen, bis auf weiteres in Portugal zu bleiben.

Aber auch die Angehörigen anderer verschwundener Kinder sollen aus dem Fonds unterstützt werden. Zusätzlich zu dem Fonds haben Zeitungen und Prominente eine Belohnung in Höhe von 2,5 Millionen Pfund (3,75 Millionen Euro) für Hinweise auf den Verbleib des Mädchens ausgesetzt.

Madeleines Tante Philomena McCann traf in London mit dem künftigen britischen Premierminister Gordon Brown und Abgeordneten des Unterhauses zusammen. Mehrere Parlamentarier trugen gelbe Bänder am Revers. Diese Bänder sind im ganzen Land zum Symbol der Bewegung für Madeleine geworden. Brown versprach der Familie ebenfalls seine Hilfe - "sowohl praktisch als auch persönlich".

© SZ vom 18.5.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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