Entführung an der Algarve:Briten prangern Portugals Polizei an

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Noch Stunden nach der Entführung einer Dreijährigen sollen Touristen über den Tatort gelaufen sein. Dies ist nur einer der Vorwürfe gegen Portugals Polizei.

Sechs Tage nach dem Verschwinden der kleinen Madeleine in Portugal sind in Großbritannien schwere Vorwürfe gegen die portugiesische Polizei erhoben worden. Vor allem zu Beginn der Ermittlungen hätten die Beamten vor Ort mehrere gravierende Fehler gemacht, berichtete der Daily Mirror am Mittwoch.

Die kleine Madeleine, die auch Maddie genannt wird, war am Donnerstagabend der vergangenen Woche aus einer Hotelanlage in Praia da Luz an der Algarve aus ihrem Hotelzimmer verschwunden. Ihre Eltern hatte sie dort zusammen mit ihren jüngeren Geschwistern schlafend zurückgelassen, um zu Abend zu essen. Als die Eltern das Verschwinden ihres Kindes bemerkten, verständigten sie sofort die Polizei.

Die Beamten aber verpassten es laut Mirror beispielsweise, die Hotelanlage sofort abzuriegeln. Noch 24 Stunden nach dem Verschwinden von Madeleine seien Touristen ohne Probleme am Tatort herumgeschlendert und hätten so möglicherweise wichtige Spuren verwischt.

Außerdem ging die Polizei den Angaben zufolge zunächst nur davon aus, dass die Dreijährige von sich aus wach geworden und auf die Straße gelaufen sei. Dadurch seien wichtige Maßnahmen unterblieben. So sei die Grenzpolizei erst mit zwölf Stunden Verspätung alarmiert worden. Vom Urlaubsort Praia da Luz sei es aber beispielsweise nur eine Stunde mit dem Auto bis nach Spanien. Die Behörden vermuten inzwischen, dass ein internationaler Pädophilen- oder Adoptionsring hinter dem Verschwinden des Mädchens steckt.

Portugals Premier sichert sorgfältige Aufklärung zu

In dem Ferienort an der Algarve sowie in den portugiesischen Medien waren Fotos von Madeleine am Mittwoch allgegenwärtig. Portugals Präsident Anibal Cavaco Silva sagte, der Vorfall werde mit großer Sorge verfolgt. Der regionale Polizeichef Olegario de Sousa sagte, alle notwendigen und angemessenen Mittel würden eingesetzt, um Licht in die Angelegenheit zu bringen. 250 Ermittler seien im Einsatz. Sie hätten bereits 500 Wohnungen durchsucht und seien 350 Hinweisen nachgegangen. Zu hunderten Menschen sei Kontakt aufgenommen worden, davon seien bereits etwa hundert verhört worden.

Über Ergebnisse berichtete die Polizei allerdings nichts. Die portugiesische Tageszeitung Diario de Noticias berichtete vom Video einer Überwachungskamera an einer Tankstelle, das ein Mädchen, das Madeleine ähnlich sehe, in Begleitung einer Frau zeige. Die Frau habe sich nach Angaben der Tankstellenmitarbeiter auffällig verhalten, berichtete das Blatt.

Unterdessen wandte sich der portugiesische Fußballstar Cristiano Ronaldo an die Entführer des Kindes. In einer im Fernsehen veröffentlichten Erklärung appellierte der Spieler von Manchester United an die Täter, die Dreijährige freizulassen. "Wenn Sie irgendeine Information haben, bitte geben sie sie uns", sagte er an die Bevölkerung gerichtet. "Das ist sehr wichtig für uns alle", sagte er.

(afp/dpa)

Die Polizei erklärte, sie sei bereits hunderten Hinweisen nachgegangen und habe 500 Wohnungen in dem Urlaubsort und in der Umgebung durchsucht. Einzelheiten nannte sie nicht.

Die kleine Madeleine war am 3. Mai aus seinem Bett im Urlaubsort Praia da Luz verschwunden. Den Eltern zufolge wurde das Kinderzimmer aufgebrochen, während sie zum Abendessen in einem Restaurant waren. Die portugiesische Tageszeitung Correio da Manha berichtete unter Berufung auf Polizei-Informationen, hinter der Entführung des Mädchens könnte womöglich ein internationales Pädophilen-Netzwerk stecken. Ein Polizeisprecher wollte sich dazu nicht äußern.

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