Entdeckung:Heilsamer Methusalem

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Israelische Forscher haben eine Dattelpalme aus einem 2000 Jahre alten Samen gezogen, ihre Früchte könnten als Arznei dienen. Doch bis zur ersten Ernte vergehen noch ein paar Jahrzehnte.

Von Christina Berndt

Dieser Dornröschenschlaf war so lang wie keiner zuvor. Mit warmem Wasser und Dünger aus Seetang haben israelische Wissenschaftler einen 2000 Jahre alten Dattelkern zu neuem Leben erweckt.

Der Samen lag in der jüdischen Felsenfestung Masada, bis ihn Archäologen in den 70er Jahren bargen. Wie eine Altersbestimmung mit Hilfe der Radiokarbonmethode ergab, stammt er aus der Zeit zwischen 35 vor Christus und 65 nach Christus. Vermutlich hatten die Verteidiger der Festung Datteln gegessen und die Kerne ausgespuckt.

All den Jahren der Trockenheit zum Trotz ist nun ein zartes Pflänzchen aus dem Samen entsprossen. Sieben Blätter hat die etwa 30Zentimeter kleine Palme, aber einen stattlichen Namen: Methusalem haben die Wissenschaftler um Sarah Sallon vom Louis-Borick-Forschungszentrum für natürliche Medizin in Jerusalem den Dattelsprössling genannt.

Gepriesen in Koran und Bibel

Er soll ihnen verstehen helfen, weshalb Judäas Dattelpalmen sowohl in der Bibel als auch im Koran als Heilmittel gepriesen werden. Ein Blatt haben die Forscher dem zarten Pflänzchen deshalb schon für eine Erbgut-Analyse abgerupft.

"Datteln hatten damals eine große medizinische Bedeutung", sagt Sarah Sallon. Sie wurden gegen Infektionen und als Abführmittel eingesetzt, als Anti-Aging-Arznei und als Aphrodisiakum. Dazu taugen die Früchte der heutigen Dattelpalmen nicht mehr. Denn diese Arten stammen aus dem Mittleren Osten, während die Palmen Judäas durch die Kreuzritter vernichtet wurden.

Die kleine Dattelpalme jedenfalls hat rekordverdächtigen Überlebenswillen gezeigt. So lang wie sie hat bisher noch kein Leben eine Pause eingelegt. Zuletzt gelang es in China, den 1200 Jahre alten Samen einer Lotusblume zum Keimen zu bringen.

Und im Londoner Natural History Museum keimten 500 Jahre alte Samen aus, nachdem das Gebäude von den Nationalsozialisten bombardiert und zum Löschen unter Wasser gesetzt worden war.

Die erste Ernte in 30 Jahren

Noch steht jedoch nicht fest, ob die kleine Dattelpalme überleben wird. Womöglich geht ihr bald die Kraft aus. Weil nur wenig Nährstoffe erhalten sind, sterben Pflanzen aus alten Samen meist früh. Deshalb hatte die Agrarwissenschaftlerin Elaine Solowey, die im Januar drei Kerne einpflanzte, zunächst auch nicht viel Hoffnung:

"Ich habe sie ausgesät und erst einmal vergessen", sagt sie. Doch sechs Wochen später brach die Erde auf. Ein Kern hatte es geschafft. Die ersten beiden Blätter schauten noch kümmerlich aus, sehr flach und blass, erinnert sich Solowey, aber das dritte habe einen kräftigen Eindruck gemacht. Nun hofft sie, dass die Pflanze weiblich ist. Denn nur dann wird sie Früchte tragen - allerdings frühestens in 30 Jahren.

© SZ vom 14.6.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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