Ennepetal:Geiselnahme endet glimpflich

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Nach fünf Stunden hat die Polizei die vier Mädchen aus der Gewalt des Geiselnehmers befreit. Der hatte zum Glück nicht den offenen Waffenschrank in dem Haus entdeckt, in dem er sich mit den Kindern verschanzt hatte.

Bei der Befreiungsaktion erlitt ein 16-jähriges Mädchen durch den Geiselnehmer eine oberflächliche Schnittverletzung, berichtete die Polizei.

Eine Spezialeinheit stürmte den Keller, befreite die Geiseln und nahm den Geiselnehmer fest. (Foto: Foto: AP)

Die festgehaltenen Mädchen waren alle im Alter zwischen 11 und 16 Jahren, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Der Täter wurde bei dem Zugriff festgenommen.

Offenbar waren Spezialkräfte heimlich in das Haus gelangt. Laut Kuhne war der Mann gerade mit den vier angebundenen Geiseln unterwegs aufs Klo, weil ein Mädchen diesen Wunsch geäußert hatte. "Der Täter konnte mit einfacher körperlicher Gewalt überwunden werden", sagte er.

Scharfe Gewehre und Pistolen

Der glimpfliche Ausgang der Geiselnahme ist laut Polizei großes Glück. Die Befreiung sei glimpflich verlaufen, meinte ein Sprecher der Polizei: In dem Haus, in dem sich der Iraner mit den Geiseln verschanzt hatte, stand ein offener Waffenschrank mit scharfen Gewehren und Pistolen.

"Er hätte sich ohne weiteres Zugang zu Langfeuerwaffen und Faustfeuerwaffen verschaffen können. Die Gelegenheit hat er Gott sei Dank nicht genutzt", sagte Kriminaldirektor Ulrich Kuhne.

Der 50-jährige Täter war in der Vergangenheit in Deutschland in psychiatrischer Behandlung. Mit der Geiselnahme wollte er erreichen, dass seine Familie aus Iran nach Deutschland kommen kann.

Völlig ruhig

Auch ein voller Benzinkanister lag im Keller. Das Wohnhaus im Stadtteil Voerde wurde von Spezialeinheiten der Polizei umstellt. Psychologen konnten Kontakt zu dem Mann aufnehmen, ihn aber nicht zur Aufgabe überreden.

Der Iraner habe einen ruhigen und vernünftigen Eindruck gemacht, sagte ein Polizeisprecher. Auch zwei Schülerinnen, die aus dem Bus fliehen konnten, berichteten, der Täter habe völlig ruhig gewirkt. Offenbar habe er die Geiselnahme geplant gehabt.

"Er sagte, er sei mit der deutschen Regierung unzufrieden und wolle daher Geiseln nehmen", berichtete eine der Schülerinnen. Mit einem mitgebrachten Strick habe er seine Geiseln gefesselt.

Familienzusammenführung gefordert

Der Iraner hatte am Mittag in einem Linienbus zunächst zehn Schulkinder in seine Gewalt gebracht.

Mit vier Mädchen im Alter von 11 bis 16 Jahren verschanzte er dann sich in dem Keller des Einfamilienhauses. Im Bus hatte er einen Brief in seiner Heimatsprache hinterlassen.

Darin forderte er die Familienzusammenführung. Der Iraner hatte Asylbewerberstatus, der im Mai abgelaufen wäre.

Trauma für die Geiseln

Wie ein Sprecher der Verkehrsgesellschaft Ennepe-Ruhr der dpa mitteilte, kam der Bus der Linie 573 vom Gymnasium Ennepetal und hielt kurz vor 13 Uhr eine Haltestelle von der Schule entfernt an der Falkenstraße.

Dort kam es zu dem Zwischenfall: Der Iraner, der in einer städtischen Unterkunft in Ennepetal untergebracht ist, zog plötzlich ein Messer.

Er zwang den Fahrer und zehn Kinder zum Aussteigen. Nachdem sich sechs Kinder befreien konnten, flüchtete er mit vier Schülerinnen in ein Wohnhaus. Die Besitzerin schloss dort gerade die Tür auf und wurde von dem Mann überrascht. Sie konnte entkommen.

Die Schülerinnen standen nach der Geiselnahme unter Schock und wurden psychologisch betreut, nachdem sie zunächst ihre Eltern wiedersehen konnten.

Experten warnten, dass die befreiten Kinder möglicherweise noch nach Jahren an den Folgen der Geiselnahme leiden werden. Am Anfang würden die Kinder das Ereignis verdrängen und vielleicht versuchen, es zu bagatellisieren, erklärte Josef Kirchner vom Berufsverband für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP) in Rösrath bei Köln.

"Eine posttraumatische Belastungsstörung kann nach einem halben Jahr, aber auch erst nach sechs Jahren auftreten."

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