Die Lebenwesen des anderen Planeten wirken merkwürdig frivol und zugleich streng - wie einer Chanel- oder Galliano-Kollektion für Frühling/Sommer 2004 entsprungen.
Astro-Biologen rätseln noch darüber, ob es sich bei den knielangen Abendkleidern und hoch geschlossenen Westen tatsächlich um Textilien der Marsianer handelt oder um Rumpf-Fortsätze des Körpers, die etwa der Nahrungsaufnhame dienen könnten.
Außerdem brütet eine Fachkommission darüber, ob und, wenn ja, wieviele Geschlechter die Marsbewohner kennen. Es kursieren Gerüchte, dass Formen, die terrestrisch als männlich und weiblich eingestuft werden, auf dem Roten Planeten kombiniert anzutreffen sind. Also beides zugleich oder auch in abgestuften Verwirklichungsgraden.
Professor John Galliano von der Dior-Universität legt sich indes schon fest. Er will "goldbestickte, eng anliegenden Abendkleider mit Hieroglyphen- Ornamenten" erkannt haben. Darum glichen die Mars-Mannequins, die am Montag zur Erde gefunkt wurden, den Königinnen Kleopatra und Nofretete.
Mit seiner Vorliebe für Exzesse hat der englische Professor auch bei den Foto-Schauen des anderen Planeten damit wieder für Aufsehen gesorgt. Seine ägyptischen Schönheiten in ihren pharaonischen Kleidern aus Seide und Musselin waren der Höhepunkt der ersten Deutungen der Mars-Couture-Betrachtungsschauen.
Dennoch: In der Tat reizvoll sind die tief dekolletierten Rückenpartien der marsianen Welt schon, die den Blick auf einen farblich zur Robe passenden String freigeben. Oder auch transparente Seidenröcke, zu dem die Mars-Frau schlichte, gerade geschnittene Tweed-Westen trägt. (Oder was man von hier aus dafür hält.)
Zu beobachten sind auch Explosionen von Farben und Mustern, die den genialen Hirnen französischer Star-Designer entsprungen sein könnten.
Ein Redingot in Kakistoff, bestickt mit türkis- und bordeauxfarbenen Vögeln und Blumen, ein Oberteil im Jeans-Patchwork kombiniert mit einem vielschichtigen weißen Taftrock - Der Mars fürchtet keinen Stilmix und zeigt ein modisch stilsicheres Händchen.
Auch sieht man geblümte, karierte, gepunktete und abstrakt gemusterte Exaltationen, Lage über Lage von Stoff, und das Ganze mit Kristall und Edelsteinen bestickt - die Sommerkollektion der Mars-Wesen sprüht wahrlich vor Energie und Einfällen.
Doch bei all dem Tam-Tam, das die Displays unserer Marsfahrzeuge mit tausenden Farben und Formen in Wachkoma befördert hat, kann man in der Hintergrundstrahlung gerade noch vollendete, schlichtere Modelle erkennen: ein schmales tiefdunkelblaues Kleid etwa, mit türkisfarbenen Spaghettiträgern, ein weich fließend graues Seidending mit schwarzer Schleife im Rücken.
Fast intime Atmosphäre herrscht im Pariser Krater, südlich der Sonde - und dann links.
Feinste Spitzen, durchbrochenes Leder und aufgestickte Kristalltropfen sind hier zu sehen, kostbare Einzelstücke.
Auf Anfrage bei dem beteiligten Bild-Auswertungsteams konnte sueddeutsche.de erfahren, dass manche Forscher aus ihrer Mars-Verwunderung keinen Hehl machen. "Es ist als sich die Planetarier uns mit Kontrasten amüsieren wollen: Die gerade, stielähnliche Linie eines Kleides einerseits, und andererseits der Aspekt der Wolke oder des Ballons für das Oberteil. Das ist die Mischung aus Strenge und Frivolität in einem sehr modischen und romantischen Sinn", sagte ein Experte nach dem Foto-Defilee.
Ein anderer: "Der Mars will uns zeigen, dass seine Haute-Couture in Hochform ist. Er will uns die Energie zeigen, die in der Arbeit steckt, die viele kleine Hände angefertigt haben", so etwa der einzig intime Mars-Kenner Christian Lacroix.
Sobald die Erkenntnisse wesentliche Fortschritte gemacht haben, sobald die Geschlechterfrage geklärt ist, werden wir unsere Leser darüber in weiteren Notizen unterrichten.
Hier aber vorab und exklusiv die Galerie der Marsbilder, die bislang freigegeben wurden. Folgen Sie den Links !