Eisbär Knut:Ick bleib ein Berliner

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Der Zoo von Neumünster hat vorerst kein Interesse an Eisbär Knut. Der Publikumsmagnet bleibt in Berlin - und wird den Zoo viel Geld kosten.

Charlotte Frank

Auf einmal wollen sie ihn gar nicht gewollt haben. Da heißt es seit Tagen, die Betreiber des Tierparks Neumünster, rechtmäßige Besitzer von Eisbär Knut, bestehen auf dessen Auslieferung von Berlin nach Schleswig-Holstein - und plötzlich erklärt der Neumünsteraner Zoodirektor Peter Drüwa in aller Ruhe: "Wir fordern den Umzug gar nicht." Das sei ihm nur in den Mund gelegt worden.

Eisbär Knut bleibt in Berlin. (Foto: Foto: dpa)

Wörtlich hatte Drüwa am 1. Dezember zu Journalisten der Nachrichtenagentur dpa gesagt: "Heiligabend verbringt Knut in Berlin, Ostern wäre ich mir nicht so sicher". Was daraufhin passierte, nennt Drüwa nur einen "Ausbruch großer Hektik": In der Öffentlichkeit schien Knuts Umzug schon beschlossene Sache, die Geburtstagsfeier des Bären vergangene Woche ging fast im Gezeter von Pro-Knut-Demonstranten unter, und die Initiatoren der Kampagne "Knut forever in Berlin" fürchteten schon, dieser würde in Neumünster "zum Problembären".

Solchen Ängsten trat Drüwa nun entgegen. Selbst wenn man dies je gewollt hätte, könnte man Knut gar nicht in Neumünster aufnehmen, weil dort bereits ein Eisbärenpärchen lebt. "Da kann man nicht einfach ein junges Männchen dazu setzen", erklärt er. Mit seinem Satz von Weihnachten und Ostern habe er nur darauf hinweisen wollen, dass man sich langfristig über Knuts Verbleib Gedanken machen müsse.Als Eigentümer des Bären sehe er dies als seine Aufgabe.

Im Jahr 1999 hatte der Zoo Neumünster Knuts Vater Lars als Zuchttier nach Berlin ausgeliehen. In einem Einstellungsvertrag wurde geregelt, dass das erste überlebende Junge den Neumünsteranern gehöre. Diese dürfen deshalb bestimmen, wo Knut letztlich lebt. Mitbewerber von Berlin sind unter anderem der schwedische "Orsa Bearpark", der Zoo Gelsenkirchen und der Tierpark von San Francisco.

"Wir haben gar nichts dagegen, dass Knut im Berliner Tierpark bleibt, im Gegenteil", sprach sich Drüwa jetzt für die Hauptstadt aus, "er braucht dann aber ein neues Gehege." Spätestens wenn er im Alter zwischen vier und sechs Jahren geschlechtsreif wird - gerade ist Knut zwei geworden -, müsse er außerdem eine Partnerin bekommen. Doch schon jetzt zeigt sich, dass Knuts Gehege für einen Eisbären alleine zu eng ist. Bald ist er groß genug um den Wassergraben zu überspringen, deshalb wird dies Absperrung schrittweise immer weiter ausgebaut.

Laut der kanadischen Eisbärenexpertin und Verhaltensforscherin Georgia Mason von der University of Guelph, Ontario, wäre damit ein Umzug für Knut immer noch besser als der Verbleib in einem zu engen Käfig. Ein Transport würde für ein Tier zwar eine Menge Stress bedeuten, wäre aber auf Dauer weniger frustrierend als ein zu enger Käfig.

Allein: Ein kompletter Neubau für Knut würde mindestens 9 Millionen Euro kosten, glaubt der Berliner Tierparkchef Bernhard Blaszkiewitz. Zwar beteuert seine Sprecherin Claudia Bienek, im Zoo herrsche Einvernehmen, dass man alles dafür tun würde, die Finanzierung zu sichern, doch so viel Geld wie jetzt benötigt hat Knut seinem Heimatzoo selbst in seinen besten Zeiten nicht eingebracht: Im Jahr 2007, als er medienwirksam in der ganzen Welt vermarktet wurde, erzielte der Zoo 6,8 Millionen Euro Bilanzgewinn, fast 3,2 Millionen Menschen waren gekommen, um Knut zu sehen.

Davon - und im Gegensatz zu den Umzugsgerüchten nimmt Zoochef Peter Drüwa hier kein einziges Wort zurück - fordert der Tierpark Neumünster nun seinen Anteil. Die Lizenzvermarktung habe ohne Rücksprache stattgefunden, und die Eigentümer hätten von den Knut-Millionen nicht einen Cent gesehen, beschwert sich Drüwa. Die Berliner hingegen haben laut eigener Aussage ein Rechtsgutachten anfertigen lassen, wonach den Schleswig-Holsteinern keine Gewinnbeteiligung zusteht. Nachdem eine außergerichtliche Einigung gescheitert ist, treffen sich die Kontrahenten im Mai 2009 vor Gericht.

© SZ vom 09.12.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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